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Der St.Galler Stadtrat hat am Donnerstag Massnahmen gegen den Energiemangel beschlossen. Auf die Weihnachtsbeleuchtung verzichtet er aber nicht.
Bereits im Sommer war klar: Es droht ein ungemütlicher Winter. Schon wieder. Diesmal aber nicht primär wegen der Coronapandemie, sondern wegen der Energiekrise. Erstrahlt die Weihnachtsbeleuchtung dieses Jahr oder nicht? Müssen St.Gallerinnen und St.Galler im Büro, im Bus, zuhause frieren? Was, wenn das Gas auszugehen droht? Diese und mehr Fragen kreisen seit einigen Monaten über der Bundes-, aber auch über der Lokalpolitik.
Nach der Kantonsregierung mit ihrer Medienorientierung am Mittwoch hat nun auch der St.Galler Stadtrat am Donnerstag mit einem Communiqué Klarheit geschaffen – zumindest vorerst. Die Stadt möchte bei ihren Verwaltungs- und Schulgebäuden Energie sparen.
Die Weihnachtsbeleuchtung «Aller Stern» wird leuchten, heisst es darin. Die Stadt verzichtet also auf das Einsparpotenzial der rund 12000 Kilowattstunden, welche die Weihnachtsbeleuchtung verbraucht. Die St.Galler Stadtregierung hat damit einen anderen Kurs gewählt als etwa die Thurgauer Kantonshauptstadt Frauenfeld. Dort gibt es diesen Advent nur eine sehr reduzierte Weihnachtsbeleuchtung.
Begründet wird der St.Galler Entscheid wie folgt: «Der Stadtrat möchte mit der beliebten und sehr energieeffizienten Weihnachtsbeleuchtung ein Zeichen setzen, dass die pandemiegeplagte Bevölkerung trotz vielfältiger Einschränkungen eine besinnliche Weihnachtszeit erleben darf.» Allerdings knüpft der Stadtrat seinen Entscheid pro «Aller Stern» an die Erwartung, dass möglichst auf private elektrische Weihnachtsdekoration verzichtet werde, und dass das städtische Gewerbe im Gegenzug auf die Beleuchtung der Schaufenster ausserhalb der Öffnungszeiten verzichte.
Zudem geht es der Beleuchtung öffentlicher und historischer Gebäude an den Kragen: Die Fassadenbeleuchtung wird ab 1. Oktober abgeschaltet. Das gilt auch für Gebäude, die nicht im Besitz der Stadt sind – etwa die Stiftskirche. Denn auch sie wird von den Stadtwerken mit Scheinwerfern beleuchtet.
Abgesehen von der «Aller Stern»-Frage präsentiert der Stadtrat in seiner Mitteilung einen ganzen Strauss an energiesparenden Massnahmen. So soll die Raumtemperatur in Verwaltungs- und Schulgebäuden auf 20 Grad reduziert werden. Das Energiesparpotenzial dieser Massnahme beziffert der Stadtrat mit 430000 Kilowattstunden im Winterhalbjahr, was dem Jahresverbrauch von etwa 112 Vier-Personen-Haushalten entspreche. Auch in Turnhallen soll es kühler werden diesen Winter: Dort soll die Innentemperatur auf 16 Grad gesenkt werden – so sollen weitere 40000 Kilowattstunden eingespart werden.
Nicht nur in Turnhallen und Schulzimmern sowie Amtsstuben wird es diesen Winter kühler, auch in den Bussen der Verkehrsbetriebe St.Gallen (VBSG). Die Stadt folge hier der entsprechenden Branchenempfehlung und reduziere die Temperatur von 22 auf 18 Grad.
Der Rest der rund 20 städtischen Massnahmen umfasst, grob skizziert, die Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung –etwa beim Verzicht auf den Gebrauch von Heizöfen und -lüftern in Verwaltungs- und Schulgebäuden. Ebenfalls soll auf privat beschaffene Kaffeemaschinen, Luftbefeuchter und andere Geräte verzichtet werden. Leuchtreklamen in Schulen, Sport- und Freizeitanlagen werden abgeschaltet, Spardüsen an Wasserhähnen montiert. Ausserdem setzt die städtische Fernwärme diesen Winter beim Zuheizen zur Wärme aus dem Kehrichtheizkraftwerk auf Öl statt auf Gas.
Die Massnahmen treten Anfang Oktober in Kraft und dauern das gesamte Winterhalbjahr, also mindestens bis am 31. März 2023. Der Stadtrat schreibt in seiner Mitteilung dazu: «Sie sollen nebst effektiven Einsparungen auch der Sensibilisierung dienen.» Und er ruft die Bevölkerung und die Wirtschaft entsprechend eindringlich dazu auf, ihren Energieverbrauch zu hinterfragen und «wo immer möglich zu reduzieren.»
Eindringlich zum Energiesparen aufrufen und gleichzeitig die Weihnachtsbeleuchtung aufhängen. Ist das nicht inkonsequent? Peter Jans, Stadtrat und Direktor Technische Betriebe, erklärt auf Nachfrage: «Es war ein Abwägen.» Es habe aber viele Stimmen gegeben, die den Stadtrat baten, nicht auch auf die Beleuchtung zu verzichten, sie sei für viele Leute wichtig. Setzt man sich damit dem Vorwurf der Inkonsequenz nicht geradezu aus?
«Das ist möglich. Aber wir können es nicht allen recht machen.»
Die stadträtlichen Massnahmen konzentrieren sich auf Verwaltungsgebäude, Schulen und Sporteinrichtungen. Warum nicht auch auf grosse Energiekonsumenten wie Industrie, Theater, Museen und Kinos? Jans: «Weil wir da nicht zuständig sind.» Gehe es um Eingriffe in die Privatwirtschaft, liege das nicht mehr in der Zuständigkeit der Stadt. Die städtischen Museen etwa werden von Stiftungen betrieben, das Theater vom Kanton, Kinos von privaten Unternehmen. «Wir haben genau hingeschaut, wo wir bei uns den Hebel ansetzen können – so, wie es private Unternehmen auch machen oder bereits gemacht haben», sagt Stadtrat Peter Jans.
Dass es dabei auch, aber nicht nur um Zählbares geht, bestätigt er. «Es geht auch um die Botschaft dahinter.» Und die hat die St.Galler Kantonsregierung bereits am Mittwoch durchgegeben: Jede Kilowattstunde zählt.