Startseite
Ostschweiz
St Gallen Gossau Rorschach
Mit dem Schuljahr 2019/2020 sollen in Gaiserwald familienergänzende Tagesstrukturen an den Schulen eingeführt werden. Eine Petition zweier Mütter hat Schwung in die Sache gebracht.
Wilma Moritzi ist zufrieden. Die dreifache berufstätige Mutter hatte im Sommer vergangenen Jahres zusammen mit Franziska Frei in Abtwil über 200 Unterschriften für eine Petition gesammelt, mit der sie den Gemeinderat von Gaiserwald baten, die Einführung von familienergänzenden Tagesstrukturen für Schulkinder zu prüfen. Das gibt es gegenwärtig in Gaiserwald erst für Kinder im Vorschulalter; die Gemeinde arbeitet hiefür mit der privaten Kinderkrippe Fiorino zusammen. Die Gemeinde leistet Beiträge an die Krippe und unterstützt die Eltern finanziell.
Ab dem Schuljahr 2019/2020 soll dieses Angebot in einem drei Jahre dauernden Pilotprojekt auf schulpflichtige Kinder ausgedehnt werden. «Das ist in unserem Sinn», sagt Wilma Moritzi, die als Petitionärin in der «Tagesstrukturen»-Projektgruppe mitwirken durfte.
Das letzte Wort haben die Stimmberechtigten an der Bürgerversammlung im März nächsten Jahres. Der Gemeinderat rechnet mit jährlichen Kosten von 156000 Franken. Die Bürgerversammlung wird nicht über einen Kredit abstimmen müssen, sondern kann die Einführung der Tagesstrukturen in den Schulhäusern Ebnet und Grund in Abtwil und im Schulhaus Engelburg mit dem Voranschlag 2019 bewilligen, wie Gemeindepräsident Boris Tschirky auf Anfrage sagt. Selbstverständlich werde das Pilotprojekt an der Bürgerversammlung ausführlich separat erläutert, sagt er.
Der Schulrat Gaiserwald hatte das Prüfen von familienergänzenden Tagesstrukturen in seinen Zielen für die Legislatur 2017-2020 festgeschrieben. Schulratspräsident Jürg Seitter hatte im Juni 2017 gegenüber dem «Tagblatt» gesagt, die Behörde wolle sich von der Petition zeitlich nicht unter Druck setzen lassen. Grundsätzlich stand er der Bittschrift und ihrer Verfasserin aber schon damals positiv gegenüber; davon zeugt auch, dass Wilma Moritzi in der Projektgruppe mitwirken durfte. «Ich fühlte mich von Beginn an ernst genommen und ich konnte mich einbringen», sagt die Petitionärin. Sie sei der Ansicht, die Bittschrift mit 204 Unterschriften habe den Stein nicht ins Rollen gebracht, das habe in der Tat der Schulrat getan, aber die Petition habe das Rollen des Steins beschleunigt.
So oder so: Die Petition von Wilma Moritzi und Franziska Frei ist ein gutes Beispiel dafür, dass es Behörden gibt, die als Bitte formulierte Anliegen aus der Bevölkerung ernst nehmen und dieses auch vertieft und wohlwollend prüfen. In den allermeisten Fällen haben Petitionen wenig oder gar keine Wirkung.
Gemeindepräsident Boris Tschirky sagt dazu: «Die Petition für Tagesstrukturen hat das Anliegen des Schulrates verstärkt.» Für die Einführung der familienergänzenden Betreuung arbeitet die Gemeinde mit der Kinderkrippe Fiorino zusammen. «Wir haben uns für eine Tagesstrukturen-Lightversion ausgesprochen», sagt Schulpräsident Jürg Seitter. Das heisst: Grundsätzlich ist für die Tagesstruktur ein Betrieb von 7 bis 8 Uhr und dann wieder ab 11.45 bis 17.30 geplant. Von 8 bis 11.45 Uhr ist in der Primarschule Blockzeit, sämtliche Schülerinnen und Schüler haben dann Unterricht. Für den Pilotbetrieb wird nur der Block ab 11.45 Uhr angeboten. «Wir stützen uns auf die Erfahrungen von Gemeinden mit einer vergleichbaren Grösse», sagt Seitter. Mit «light» sei auch gemeint, dass in den Ferien nicht in allen drei Schulhäusern in Gaiserwald die volle Tagesbetreuung angeboten werde.
So wie das jetzt aufgegleist werde, sei es sinnvoll, sagt Wilma Moritzi: «Es ist alles sehr gut gelaufen.» So könne gestartet werden. Jürg Seitter war es im ganzen Prozess ein Anliegen, den Bedarf nach Tagesstrukturen fundiert abzuklären und keinen teuren Schnellschuss abzufeuern. Ein Schnellschuss wäre für ihn die Einführung der Tagesstrukturen schon mit dem laufenden Schuljahr gewesen. Jetzt stimmt es für den Rat und für die Petitionäre.