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Die Detailhändler rüsten sich fürs Weihnachtsgeschäft. Auch ein paar neue Mitbewerber sind mit befristeten Läden präsent. Sie machen in den Pop-up-Stores Werbung, testen den Markt und profitieren von vergünstigten Mieten. Drei Beispiele aus der St.Galler Innenstadt.
Erst die Brillen sind schon da, wo sie sein sollen: Gut ausgeleuchtet an Metalldrähten an der Wand. Sonst sieht es an der Neugasse 34 noch nicht nach Ladeneröffnung aus. Es wird gehämmert und geschraubt, in Plastik verpackte Hemden liegen auf Holzpaletten bereit. Bis vor zwei Jahren war hier, zwischen dem Schuhhaus Walder und dem Café Neugass, ein IT-Unternehmen eingemietet. Jetzt richten die Mitarbeiter des St.Galler Labels Einstoffen einen temporären Laden ein. Ab Samstag um zehn Uhr gibt es hier drei Monate lang Brillen, Hemden und Uhren zu kaufen.
«Vielleicht werden wir bis heute Abend tatsächlich fertig», sagt Philippe Rieder am Tag vor der Eröffnung und lacht. Der 40-Jährige ist Co-Geschäftsführer von Einstoffen. Die Firma gibt es in St.Gallen schon seit zehn Jahren, seit 2015 auch in Berlin. Von einem Büro an der Langgasse aus beliefern Rieder und seine Mitarbeiter 3000 Optik-Fachgeschäfte in ganz Europa und führen einen Online-Shop. Jetzt versucht es Einstoffen zum ersten Mal mit einem eigenen Laden. «Es ist ein Test», sagt Rieder. «Wir wollten schon seit langem in die Innenstadt, aber die hohen Mieten haben uns abgeschreckt.» Was aber drinliege, sei ein Pop-up-Store: Vorübergehend und zum vergünstigten Mietzins.
«Der stationäre Handel funktioniert nach wie vor gut, aber nur in Verbindung mit Online», sagt Co-Geschäftsführer Christian Gisler. Einstoffen geht mit seinem Pop-up-Projekt den umgekehrten Weg, den alteingesessene Detailhändler beschreiten: Statt zusätzlich zum Laden eine Webseite aufzubauen, bringen sie ihren Online-Shop in die Gassen – zumindest vorübergehend.
Ein Laden ist auch wichtig für jene, die zu ihren Produkten eine Geschichte erzählen wollen. So wie Georg Lanter von «2mol», der ebenfalls für drei Monate an der Neugasse 34 eingemietet ist. Aus alten Velofelgen, Autobremsen und gebrauchten Kaffeekapseln lässt er in St.Gallen Lampenschirme produzieren. Einen Laden hat Lanter bis jetzt nicht. «Der Pop-up-Store ist für uns eine gute Gelegenheit, Präsenz zu markieren.» Hier kann Lanter auch seine Geschichte, wie Kaffeekapseln zu Lampen werden, besser erzählen als online.
Der «Knecht Ruprecht» gehörte in den vergangenen Jahren schon fast fix zum St.Galler Advent. Das Pop-up-Café war zuletzt an der Neugasse 48 angesiedelt; dort, wo bis 2009 der Plattenladen Bro Records eingemietet war. Dieses Jahr macht Knecht Ruprecht Pause, wie Iris Betschart, eine der Betreiberinnen, sagt. Aus persönlichen Gründen habe man beschlossen, das Café in diesem Advent ausfallen zu lassen. Auch Rico Baettig wird dieses Jahr kein Weihnachtscafé eröffnen. Der Geschäftsführer der gleichnamigen Parfümerie in der Multergasse lancierte vor zwei Jahren erfolgreich ein Weihnachtscafé in der Schmiedgasse, als erstes Pop-up-Café der Stadt. Etwas Ähnliches schwebte ihm auch dieses Jahr wieder vor, wie er sagt: «Wir haben aber kein passendes Lokal im Zentrum gefunden.»
Weitere Detailhändler nutzen die umsatzstarken Wintermonate, um mit befristeten Läden in der Stadt präsent zu sein. So werden «Klang und Kleid» und «2nd Life Brocante» am 29. November im ehemaligen Optikgeschäft Walz am Marktplatz 24 einen Vintage- und Designmarkt eröffnen. Schon im vergangenen Advent haben sie einen solchen Laden in der Neugasse geführt und damit laut Pino Stinelli von «Klang und Kleid» gute Erfahrungen gemacht.
Auch Petra Bechter hat gute Erfahrungen mit Pop-up-Läden gemacht. «Wir machen das schon zum fünften Mal», sagt die Geschäftsführerin von «PB Farben und Formen Lifestyle», einem Einrichtungshaus, das seit Mitte Oktober in der ehemaligen Buchhandlung Rösslitor eingemietet ist. Normalerweise übernimmt Bechter die Dekoration von Anlässen und Event-Lokalen, gibt Malkurse und führt ein Ladengeschäft in St.Margrethen.
In den Wintermonaten eröffnet sie zusätzlich Pop-up-Stores. Nach Haag, Altstätten, Chur und St.Margrethen ist nun St.Gallen dran: Bis Ende Januar verkauft Bechter am Bärenplatz auf 650 Quadratmetern Einrichtungsgegenstände aller Art, von der Totenkopf-Kerze über Lederstühle aus Rheintaler Produktion bis hin zu massiven Holztischen. Zusätzlich bietet sie für Frauen Abendkurse an, und für die Männer steht eine lange Theke für Weindegustationen bereit. «Wir lernen hier neue Leute kennen und können Werbung für unseren Laden machen», sagt Bechter. Eine Fortsetzung des Pop-up-Projekts in St.Gallen sei schon geplant: «Wir haben bei der Stadt bereits wieder angefragt.»