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55 Prozent des Bodenseeufers sind frei zugänglich. Im nationalen Vergleich liegt der Bodensee damit über dem Durchschnitt. Und: Der Seezugang auf Schweizer Seite könnte - zumindest stellenweise - bald verbessert werden.
Wem gehört der Seezugang? Vermögenden, die ein Haus am See besitzen? Der Bevölkerung, die am Ufer entlang spaziert? Der Natur, die Lebensraum Pflanzen und Tiere ist? Diese Frage spaltet die Seegemeinden und führt zu Diskussionen. Eine Analyse des «Sonntagsblicks» zeigt nun: 55,1 Prozent des Bodenseeufers sind frei zugänglich. 33,2 Prozent sind verbaut, der Rest besteht aus Landwirtschaft, Wald, Gleisen oder Flussmündungen. Damit ist der Bodensee im nationalen Vergleich überdurchschnittlich gut zugänglich. Vom Sempachersee im Kanton Luzern beispielsweise kann die Bevölkerung lediglich 20,6 Prozent nutzen.
In der Bevölkerung werden immer wieder Stimmen laut, die einen verbesserten Seezugang wünschen. Der Verein Rives Publiques setzt sich seit über 15 Jahren gar für den komplett freien Zugang zu den Ufern der Seen und Wasserläufen in der Schweiz ein. Er verlangt einen ununterbrochenen Weg entlang der Seeufer, der sich so gut wie möglich in die Umgebung integriert. Am Bodenseeufer von Kreuzlingen bis Altenrhein sieht die Situation derzeit so aus:
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Karten-Legende: Grün = öffentlich zugänglich, rot = nicht öffentlich zugänglich, orange = Natur(schutz) (Quelle: Thurgau GIS, Google Maps, Uferwegkarte Thurgau Bodensee)
Am Bodensee scheint die Forderung von Rives Publiques utopisch. Viele Grundstücke mit Seeanstoss sind in privater Hand - und in der Regel bewohnt von steuerlich interessanten Personen für die Gemeinden. Dennoch: In mehreren Bodenseegemeinden auf Schweizer Seite sind Projekte geplant - oder zumindest in der Überprüfung - die den Seezugang verbessern sollen:
Er ist umstritten, der geplante Seeuferweg in Rorschacherberg. Und er hat eine lange Geschichte. 1993 erstmals vom damaligen Gemeindepräsident Ernst Tobler versprochen, wurde er 2003 wieder aus dem Richtplan gestrichen - und das Land an Zuzüger verkauft. Umso verärgerter waren diese, als das Thema Uferweg 2010 wieder auf den Tisch kam. Die Rorschacherberger hingegen beharrten auf das Versprechen. Hitzige Debatten und gescheiterte Anläufe später, lehnten die Stimmbürger das 3,5-Millionen-Franken Projekt für einen Steg 2015 deutlich ab.
Die Mehrheit wünscht sich aber nach wie vor einen Uferweg am Wasser - das ergab eine Bevölkerungsumfrage. Die neue Variante: ein Steg, der teilweise auf Aufschüttungen in Ufernähe verlaufen soll. Widerstand hat sich bereits formiert. Wie teuer das Projekt zu stehen kommt, ist noch unklar - so oder so stimmt die Bevölkerung am 10. Februar 2019 über den Kredit ab.
Der Thurgauer Seeanstoss beträgt rund 60 Kilometer. Das Ufer steht unter Nutzungsdruck. Wohnen, Freizeitvergnügen, Naturschutz, Landschaftsbild - das alles muss unter einen Hut gebracht werden. Deshalb hat das Amt für Raumentwicklung des Kantons Thurgau eine Uferplanung für die zwölf Oberseegemeinden erarbeitet, deren wichtigste raumwirksame Aussagen in den Kantonalen Richtplan einfliessen. Es ist die erste nach einheitlichen Kriterien erarbeitete und mit den Gemeinden und Interessensgruppen abgestimmte kantonale Uferplanung für das ganze Thurgauer Ufer ab Schlatt am Hochrhein bis Horn. Im Jahr 2013 wurde eine solche Planung bereits für den Untersee und den Rhein erarbeitet.
Im Zentrum steht der Landschaftsschutz auf öffentlichen Abschnitten. Über 120 Massnahmen schlägt der Kanton vor. Diese sind weder für die Behörden noch für die Grundeigentümer verbindlich. Ob und wann die vorgeschlagenen Massnahmen vertieft bearbeitet werden, ist einerseits von den Betroffenen, andererseits von den Gemeinden abhängig. Nach Veröffentlichung gingen 56 Eingaben ein. Auf der bereinigten Liste der Massnahmen mit hoher Priorität finden sich einige, die den Seezugang verbessern könnten.