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Der Verein «Kein 3. Autobahnanschluss in Goldach» hat mit Visualisierungen aufgeschreckt, die tiefe Einschnitte in die Landschaft zeigen. Dominik Gemperli, Sprecher von «Autobahnanschluss Plus», stellt die Seriosität der Aktion in Frage.
Dominik Gemperli, Gemeindepräsident von Goldach und Vorsitzender der Steuerungsgruppe von «Autobahnanschluss Plus» äussert sich zu den von den Anschlussgegnern vorgebrachten Vorwürfen und zum Zeitplan bis zur Abstimmung im November.
Sind die vom Verein «Kein 3. Autobahnanschluss» präsentierten Visualisierungen der Eingangsportale reine Angstmacherei oder nahe an der Realität?
Dominik Gemperli: Angstmacherei ist hier vielleicht ein zu böses Wort, doch die Visualisierungen lassen eine gewisse Seriosität vermissen.
Diese basieren allerdings auf den Plänen, die im November 2018 bekannt waren.
Ja, aber in diesem Koordinationsplan sind weder Schnittpunkte noch Niveaupunkte vorhanden. Nach meiner Einschätzung kann man damit keine realistische Visualisierung skizzieren. Ausserdem hat das Projekt eine sehr hohe Komplexität, zumal Gemeinden, Kanton und Bund eingebunden sind. Fakt ist aber, dass es Ein- und Ausfahrtsportale geben wird.
Sind die Portale und Strassen in den Visualisierungen ihrer Meinung nach zu wuchtig dargestellt?
Das ist genau der Punkt. Vor allem die Industriestrasse in Rorschach wird sich ganz anders darstellen. Hier wird wahnsinnig viel Potenzial für positiven städtischen Lebensraum entstehen. Es wird ein Begegnungsraum mit Einbindung von Langsamverkehr sein. Hier sind die Visualisierungen wirklich sehr weit von der Realität entfernt.
Bis wann sind denn detaillierte Pläne und realistische Visualisierungen zu sehen?
Es ist eine Schwierigkeit des Projektes, dass wir die Pläne des Bundes noch nicht haben. Das wollen wir auch nicht in Abrede stellen. Jene des Kantons sollten uns jedoch bis September zur Verfügung stehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt können wir dann auch Aussagen machen, wie sich das Ganze gestaltet.
Was heisst das, wie sieht der Informationsfahrplan von Gemeinden und Kanton aus?
Wir werden im September nochmals einen Anlass durchführen, bei dem wir auf Basis der dann zur Verfügung stehenden detaillierten Planunterlagen die Bevölkerung informieren. In diesem Zusammenhang möchte ich dem Vorwurf, dass es sich um ein stilles Behördenprojekt handle, auch ganz klar widersprechen. Wir haben einen Masterplan gemacht, der über 100 Seiten hat, wir haben eine öffentliche Vernehmlassung gemacht, wir haben eine Infoveranstaltung gemacht und, um wirklich das Interesse der ganzen Bevölkerung zu wecken, haben wir auch einen Informationsflyer gemacht.
Die Gegner sprechen von einem Wohlfühlprospekt, der die Realitäten nicht zeige.
Das ist immer eine Frage der Betrachtungsweise. Der Masterplan macht ganz klare Aussagen, wie das Verkehrsregime in dieser Region in Zukunft gestaltet werden soll. Die Kommunikation findet also sehr wohl öffentlich statt. Und es wird auch immer sehr transparent informiert.
Wann ist die Abstimmung?
Die Abstimmung in Rorschach und Goldach wird am Sonntag, 17. November, sein.
Ist es nicht im Interesse der Gemeinden, sich in diesem Fall neutral zu verhalten?
An sich ist es ein Kantonsstrassenprojekt. Wir sind eingeladen, in der Vernehmlassung Stellung zu nehmen. Wir müssen dabei auch eine Aussage machen, wie wir zu diesem Projekt stehen. Auch wenn wir als Behörde zu einer gewissen Neutralität verpflichtet sind, betrachten wir das Projekt als positiv für die Entwicklung der ganzen Region.
Heisst das, dass Unterführungen alleine nicht reichen?
Selbstverständlich haben wir entgegen der Annahme der Gegner auch andere Varianten geprüft und eruiert, ob es auch ohne Autobahnzubringer geht. Nach Berechnungen des Bundesamts für Raumentwicklung wird der Verkehr schweizweit bis ins Jahr 2040 um einen Viertel zunehmen. Ausserdem werden eine Siedlungsentwicklung und auch eine wirtschaftliche Entwicklung stattfinden. Die Fachplaner kommen daher ganz klar zum Schluss, dass Unterführungen alleine nicht reichen, um den künftigen Rahmenbedienungen gerecht zu werden.
Trägt der Bund diese Einschätzung mit?
Der Bund hat ganz klar gesagt, dass dieses Projekt eines derjenigen im ganzen Kanton ist, welches die grösste Wirksamkeit hat. Daher wurde es im Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds berücksichtigt. Auch der Kanton ist überzeugt und hat es ins 17. Strassenbauprogramm aufgenommen.
Die Finanzierung von Bund und Kanton ist gesichert, was haben die Gemeinden beizusteuern?
Für Rorschach und Goldach werden es zwischen fünf und zehn Millionen Franken sein.
Wie sehr wird dieses Projekt die Landschaft verändern?
Es werden Eingriffe stattfinden, das kann man nicht wegdiskutieren. Es ist wichtig, möglichst mit Tunnels zu arbeiten, damit die Einschnitte in die Landschaft erträglich sind. Darauf werden wir auch hinwirken.
Wird ein Zubringer nicht einfach nur mehr Verkehr generieren?
Es werden mehr Leute durch die neue Strassenführung vom Verkehr entlastet, als belastet werden. An den heutigen Durchgangsstrassen wird es durch die begleitenden Massnahmen zudem eine riesige Entlastung geben.
Der «Autobahnanschluss Plus» beinhaltet ja nicht nur einen Autobahnzubringer.
Richtig, auch Langsamverkehr und öffentlicher Verkehr spielen eine entscheidende Rolle. So muss beispielsweise auch der Seebus im Gesamtkonzept funktionieren.
Wird also auch Tübach ins Seebusnetz eingebunden?
Ich gehe davon aus, diesbezüglich befinden wir uns auf einem guten Weg. Und auch der Takt der S-Bahn wird erhöht. Wir brauchen die neue Kantonsstrasse, damit das Gesamtkonzept in sich stimmt.
Ist ein zusätzlicher Autobahnzubringer bei der aktuellen, weltweiten Klimadebatte denn überhaupt noch zeitgemäss?
Sicher ein Thema, das auch bei uns Relevanz hat. Wir dürfen es aber wirklich nicht als reines Strassenbauprojekt sehen. Es ist eine Siedlungsentwicklung und ein Mobilitätskonzept für die ganze Region. Wir sind daher auch bestrebt die Eingriffe, die es geben wird, so menschen- und siedlungsfreundlich wie möglich zu machen.