Drachentanz vor historischer Kulisse: Vor 20 Jahren eröffneten zwei Brüder im Haus zum Schwarzen Adler ein China-Restaurant.
Es war etwas Neues im Gossau von 1999: Zwei Brüder eröffneten im altehrwürdigen Haus zum Schwarzen Adler ein China-Restaurant. Was unter traditionsbewussten Gossauern Proteste auslöste, entpuppte sich als Glücksfall: Zwischen etablierten Restaurants wie der «Sonne» und dem «Ochsen» fand das «Shanghai» eine Nische.
«Unsere Gäste waren von Anfang an zufrieden», sagt Chong Weng Chee. Einfacher sei es in der Gastronomie in den letzten Jahren nicht geworden, ergänzt sein Bruder Foo Weng Chee. «Als Familie geht es besser.»
Der «Schwarze Adler» gehört sei 30 Jahren der gleichnamigen Stiftung. «Dass wir seit 20 Jahren dieselben Pächter haben, hilft enorm», sagt Monika Fürer, welche die Ortsbürgergemeinde im Stiftungsrat vertritt.
Dass im ersten Stock gewirtet wird, entspricht dem Stiftungszweck bestens. Denn statuarisches Ziel der Stiftung ist «die Erhaltung und Verwaltung der geschützten Liegenschaft für die Öffentlichkeit und kulturelle Nutzungen». Für jedermann zugänglich sind auch der Claroladen im Erdgeschoss sowie die oberen Etagen mit Gossauerstube, Condaminstube und Trauzimmer.
Der 1750 erbaute «Adler» habe als Gasthaus und Ladenlokal grosse Tradition, sagt Monika Fürer. Das Haus sei lange in Besitz der Familie Gähwiler/Geser gewesen. Sie erinnere sich noch an Maria Gähwiler, eine entfernte Verwandte, die im Erdgeschoss ein Tuch- und Wäschegeschäft betrieben habe. Ihr hat die Gemeinde das Haus 1979 abgekauft.
1987 sollte das heruntergekommene Haus dann saniert und in die neugegründete Stiftung eingebracht werden, an der sich unter anderen die Ortsbürgergemeinde beteiligte. Dass die Gemeinde ein Haus kaufen sollte, damit dort ein neues Restaurant eingerichtet werden kann, weckte im Vorfeld Kritik. An der Bürgerversammlung wurde das Geschäft aber «wider Erwarten» ohne Diskussion gutgeheissen, wie das «Tagblatt» damals berichtete.
Das Haus entpuppte sich als Wundertüte. Statt der veranschlagten 2,6 Millionen kostete die Sanierung 4,3 Millionen Franken. Deshalb musste das Stadtparlament 2004 über eine Entschuldung befinden. Der Stadtrat würdigte in der Vorlage die Bemühungen der Stiftung, selber neue Mittel zu generieren, unter anderem mit dem «riesigen Bahnhofsfest». Dieses wurde in und um den alten Güterschuppen gefeiert. Unterstützung gab es von zahlreichen Vereinen. «Der Erlös übertraf mit über 100000 Franken alle Erwartungen», sagt Fürer.
So katastrophal sich der bauliche Zustand des «Schwarzen Adlers» auswirkte, aus denkmalpflegerischer Sicht war er ein Segen. «Die alte Bausubstanz macht den ‹Schwarzen Adler› aus», findet Architektin Monika Fürer. Natürlich sei die Fassade prägend für das Ortsbild. Ursprünglich zeigte die heute verputzte Wand noch den darunter liegendenden Riegelbau. Fürer hebt jedoch das Innenleben hervor: die Schreinerarbeiten, das historische Parkett oder die Kachelöfen. Stiftungspräsident Niklaus Lehmann, Eigentümer einer Schreinerei, pflichtet ihr bei: «Der bestens erhaltene Innenausbau ist einmalig.»
Die lange Tradition von Gaststätten im «Schwarzen Adler» und die Konstanz unter der Familie Chee täuschen darüber hinweg, dass es im Restaurant nicht immer rund lief. Während der ersten Jahre war der Stiftung bei der Auswahl der Pächter kein Glück beschieden. 1990 sprang der erste zwei Wochen vor der Eröffnung ab. Es folgten kurze Gastspiele, die meist wegen finanzieller Probleme endeten.
Lange stand das Restaurant leer. Bis der Stiftungsrat den Vertrag mit den Brüdern Chee unterzeichnete – gegen viele Widerstände. «Einige Gossauer sind regelrecht durchgestartet, als sie hörten, was für ein Restaurant im ‹Schwarzen Adler› eröffnet», sagt Lehmann. Nun wolle man den Pachtvertrag mit den Wirten, die zuvor in Arbon tätig waren, so bald als möglich verlängern.
Die Stiftung Schwarzer Adler besteht nun seit 30 Jahren, das Restaurant Shanghai seit 20. Deshalb soll am 7. September ein Fest gefeiert werden, mit Essensständen auf dem Kirchplatz und chinesischem Löwen- und Drachentanz. Monika Fürer zieht eine Zeichnung hervor und schlägt eine Brücke zu früher, als der «Adler» noch als Riegelbau das Gossauer Stadtbild prägte. Auf dem Bild ist ein Dorffest zu sehen, an dem Leute um den Maibaum tanzen. «Anstelle eines Maibaums haben wir heute den Kreisel.»