Die Löcher in der St.Galler Stadtkasse müssen gestopft werden – Parteien uneins, wie das geschehen soll

Im Zentrum der Sitzung des St.Galler Stadtparlaments vom Dienstag stand die Jahresrechnung 2019 und die Verabschiedung der diversen Amtsberichte zum vergangene Jahr. Gutgeheissen wurden sie alle; davor wurde aber ausgiebig diskutiert.

Reto Voneschen
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Das St.Galler Stadtparlament tagte am Dienstag wegen des Coronavirus erneut in der Sporthalle Kreuzbleiche.

Das St.Galler Stadtparlament tagte am Dienstag wegen des Coronavirus erneut in der Sporthalle Kreuzbleiche.

Bild: Ralph Ribi (28.4.2020)

Das Ganze ist ein sich alljährlich wiederholendes Ritual: Handfest in die Rechnung des Vorjahres eingreifen kann das Parlament nicht wirklich, weil das Geld ja bereits ausgegeben ist. Fraktionen und einzelne Ratsmitglieder nutzen die Auslegeordnung zur Stadtkasse, die alle Bereiche der Stadtpolitik umfasst, daher zu grundsätzlichen finanzpolitischen Erklärungen sowie zu Stellungnahmen zu aktuellen Fragen.

Absehbar war zudem diesmal, dass es Kommentare zu den Budgetrichtlinien 2021 des Stadtrats und den darin enthaltenen Sparmassnahmen geben würde. Das Paket war vom Stadtrat vor 14 Tagen vorgestellt worden. Einzelne Punkte daraus wie das Kinderfest und die Verschiebung der Sanierung des Kunstmuseums werden seither heftig diskutiert.

Akzeptables Resultat trotz tiefroter Zahlen

Die Laufende Rechnung 2019 der Stadt St.Gallen schliesst mit einem Defizit von 27,6 Millionen Franken ab. Das sind 14,4 Millionen mehr als budgetiert. Trotzdem bezeichneten die Fraktionen an der Rechnungssitzung das Resultat von links bis rechts als akzeptabel. Dies weil die Rechnung ohne zwei Sonderabschreibungen (Olma-Deckel und Arbeitgeberbeitrag für die verselbständigte Pensionskasse) mit einer schwarzen Null abschliessen würde, also besser als budgetiert.

Musste das Sparprogramm Fokus 25 im Parlament verteidigen: Stadtpräsident Thomas Scheitlin.

Musste das Sparprogramm Fokus 25 im Parlament verteidigen: Stadtpräsident Thomas Scheitlin.

Bild: Nik Roth (16.6.2020)

Die Rechnung 2019 sei aber trotzdem ein finanzpolitischer Wendepunkt, hiess es aus verschiedenen Fraktionen. Die Jahre mit regelmässig besser als budgetiert abschliessenden Rechnungen seien vorbei. Jetzt müsse man den Gürtel enger schnallen, stimmten sogar die Grünen in diesen sonst eher bürgerlichen Kanon ein. Sparmassnahmen dürften nicht auf Kosten von Umwelt, Natur und sozial Schwächeren gehen, forderte der Grüne Andreas Hobi dann aber sofort.

FDP und SVP gegen jegliche Steuererhöhungen

Christoph Wettach verlangte für die Grünliberalen, dass Nachbargemeinden der Stadt bezüglich der Abgeltung von Zentrumslasten endlich in die Pflicht genommen würden. Andreas Dudli (FDP) und René Neuweiler (SVP) wiederum waren sich einig, dass Löcher in der Stadtkasse nicht durch Steuererhöhungen aufgefangen werden dürften. Solche seien nicht akzeptabel.

Es brauche nachhaltige Einsparungen. Das heisse, man müsse eine Verzichtplanung aufstellen und bei den Investitionen klare Prioritäten setzen. Die Konsumausgaben müssten gesenkt, das Personalwachstum gestoppt werden, forderte Christian Neff (SVP). Patrik Angehrn kündigte für die CVP/EVP-Fraktion an, die Investitionen im Budget 2021 genau anschauen zu wollen: Man müsse prüfen, was wirklich nötig sei und was man überhaupt noch finanzieren könne.

Städte können verschiedene Aufgaben nicht mehr alleine lösen

Will den Service public stärken und die Abgeltung von Zentrumslasten zum Thema machen: SP/Juso/PFG-Fraktionspräsident Daniel Kehl.

Will den Service public stärken und die Abgeltung von Zentrumslasten zum Thema machen: SP/Juso/PFG-Fraktionspräsident Daniel Kehl.

Bild: Urs Bucher (14.1.2020)

Kritik am Sparpaket des Stadtrats übte Daniel Kehl für die SP/Juso/PFG-Fraktion: Viele darin vorgesehene Massnahmen würden genau jene treffen, die bereits durch die Coronakrise stark getroffen worden seien – Familien, Kulturschaffende und Gewerbetreibende. Wie die Coronakrise gezeigt habe, brauche es jetzt keine vorschnellen und kleinkrämerischen Abstriche, sondern eine Stärkung des Service Public sowie nachhaltige Einsparungen und zusätzliche Erträge.

Das habe man andernorts bereits erkannt, sagte Kehl und zitierte FDP-Vertreter anderer Städte. Die Stadtpolitik dürfe sich jetzt nicht mit Anträgen und Gegenanträgen auf Kleinsteinsparungen selber das Leben schwer machen. Man müsse zusammenstehen und dafür sorgen, dass national und kantonal die Finanzierung jener Aufgaben aufs Tapet komme, die die Städte nicht mehr alleine lösen könnten.