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Die Schweiz-Rumänische Zirkusartistin Josefina Tanasa ist mit 80 Jahren gestorben. Sie war berühmt für ihren Zopfhang, mit dem sie sich die Manege hochziehen liess.
Vor wenigen Tagen starb die frühere Zirkusartistin Josefina Tanasa kurz nach ihrem 80. Geburtstag in einem Alters- und Pflegeheim in St.Gallen. Ihren letzten festen Wohnsitz hatte sie in Rorschach im Hochhaus an der Thurgauerstrasse 33, wo sie bis vor zwei Jahren lebte. Ihre letzte Ruhestätte findet Josefina Tanasa im März im Gemeinschaftsgrab auf dem Zentralfriedhof Rorschach.
Mit dem Tod der rumänisch-schweizerischen Artistin fand ein Leben ein Ende, das sich wie ein Abenteuerroman liest. Es war glamourös, es war dramatisch, und es war tragisch. Es war ein Artistenleben, das Josefina Tanasa in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts von ihrem Geburtsort Jassy im Nordosten von Rumänien durch die Staaten der früheren Sowjetunion führte. Immer verfolgt von den Repressionen der Diktatur, bis hin zur Flucht durch den Eisernen Vorhang in die Schweiz im Jahre 1966. Nach einem Engagement beim Zirkus Knie trat Josefina Tanasa zusammen mit ihrer Familie einen Triumphzug durch die Manegen der Welt an. Paris, London, Rom, Madrid, Hamburg, München, Johannesburg, Buenos Aires, Sao Paulo, Rio de Janeiro und Las Vegas waren Stationen ihres Artistenlebens.
Josefina Tanasa war eine Haarkünstlerin. Im sogenannten Zopfhang liess sich «Miss Josephine», nur von ihrem Haar festgehalten, bis unter die Zirkuskuppel hochziehen, um dem Publikum Jonglierkünste zwei- bis dreimal täglich in Vollendung vorzuführen. Begegnungen mit dem Kosmonauten Yuri Gagarin und Filmgrössen wie Grace Kelly und Charlie Chaplin gehörten ebenso zum Alltag der Artistenfamilie, wie Anfeindungen und Neid durch andere Artistinnen und Artisten, Auseinandersetzungen mit Zirkusdirektoren und private Streitigkeiten. Ein Arbeitsunfall im Hafen von Gran Canaria beendete die Karriere von Josefina Tanasa. Zu Promotionszwecken liess sie sich an den Haaren von einem Schiffskran in die Höhe ziehen. Ein fataler Kurzschluss brach ihr fast das Genick.
Überschattet wurde das Leben von Josefina Tanasa vom Selbstmord ihrer Tochter Aglaja Veteranyi. In ihrem Bestsellerroman «Warum das Kind in der Polenta kocht» erzählte Aglaja das Leben der Artistenfamilie aus ihrer Sicht. Das im vergangenen Jahr erschienene Buch «Josefina – Haare aus Stahl» eröffnet einen anderen Blick auf dieses aussergewöhnliche Familienleben.
Was Josefina Tanasa ausserhalb ihrer Artistik so besonders machte, war ihre Fähigkeit, sich auch in scheinbar ausweglosen privaten Situationen zu behaupten. Um ihre Familie finanziell über Wasser zu halten, arbeitete sie nach ihrem Leben im Zirkus als Verkäuferin an einem Bahnhofkiosk, füllte zusammen mit ihrer Tochter Aglaja in einer Lebensmittelfabrik Verpflegungstüten ab, und eröffnete eine Schneidereiwerkstatt für Kostüme. Zu ihren Kundinnen und Kunden gehörten nicht nur Zirkusleute, sondern etwa auch die Eiskunstläuferin Denise Biellmann, die in einem Kostüm von Josefina Tanasa Weltmeisterin wurde.
Der Rorschacher Autor Richard Lehner schrieb ein Buch über das Leben der Artistin, vergangenes Jahr wurde es publiziert.