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Sandra Altherr ist Präsidentin der Schützengesellschaft Wittenbach und damit in die Fussstapfen ihres Vaters getreten. Als Frau hat sie dabei nicht mit Vorurteilen zu kämpfen. Als Schützin schon.
Vor dem Schützenhaus Erlenholz in Wittenbach geniessen die Ersten ihren Kaffee und plaudern. Die Stimmung am Samstagmorgen ist noch ruhig. Die letzten Vorbereitungen werden getroffen, damit auch der zweite Tag des Feldschiessens beginnen kann. Mittendrin: Sandra Altherr, Präsidentin der Schützengesellschaft Wittenbach. Sie fühlt sich sichtlich wohl inmitten der Schützinnen und Schützen. Kaum zwei Minuten vergehen, in welchen sie nicht angesprochen wird – sei es wegen organisatorischer Fragen, um zu fachsimpeln oder zur Begrüssung. Aufmerksam hört Sandra Altherr zu und gibt Ratschläge. «Ich organisiere sehr gerne», sagt die Wittenbacherin und strahlt.
Als Präsidentin der Schützengesellschaft Wittenbach hat sie einiges zu tun. Nebst dem Amt als Präsidentin der 68 lizenzierten Mitglieder ist Altherr im regionalen Schützenverband St.Gallen tätig. Dies bedeutet viele ehrenamtliche Stunden. Während der Saison ist sie bisweilen jedes Wochenende für den Schiesssport unterwegs.
Sandra Altherr geniesst ihre Tätigkeiten. Für sie sei diese Sportart eine Passion. Und nicht nur das: «Für mich ist der Schützenverein wie eine zweite Familie», sagt die 42-Jährige.
Früh hat sie die Begeisterung für den Schiesssport gepackt. Schon als Kind war sie mit ihren Eltern oft im Schützenhaus. Mit 17 Jahren besuchte sie den Jungschützenkurs, mit 21 wurde sie Jungschützenchefin. Sandra Altherr ist gewissermassen in den Betrieb hineingewachsen. Somit war es für sie denn auch naheliegend, das Präsidentenamt ihres Vaters Peter Altherr zu übernehmen. Inzwischen ist sie bereits im siebten Jahr Präsidentin.
War das Schiessen früher klar ein Männersport, gibt es heute immer mehr Frauen. Mit Vorurteilen habe sie also überhaupt nicht zu kämpfen; auch nicht in ihrem Amt als Präsidentin. Auch wenn es in diesem Amt noch wenige Frauen gebe.
Seit ihrer Tätigkeit als Präsidentin habe sie selber weniger Zeit zum Trainieren; das Organisatorische nehme viel Zeit in Anspruch. Deswegen schiesst Sandra Altherr momentan nur noch liegend mit dem Sturmgewehr.
Sie selber besitzt zwei Sturmgewehre. Über die Abstimmung zum Waffengesetz ist Sandra Altherr sichtlich enttäuscht. «Meiner Meinung nach werden so die Falschen bestraft.» Wer wolle, komme doch immer zu einer Waffe. Aber nun bleibe nichts anderes übrig, als abzuwarten, wie es weitergehe. Altherr stellt klar:
«Für uns ist es sowieso keine Waffe, sondern ein Sportgerät. Und dieses für sich ist ja nicht gefährlich. Gefährlich ist der falsche Umgang damit.»
Den richtigen Umgang lernen schon die Jungschützen. Denn: «Schiesssport ist nicht nur einfach Ballern.» Viele Faktoren wirken sich auf die Schiessresultate aus: Wettereinflüsse, Konzentration und insbesondere die momentane mentale Verfassung. Beim Schiessen brauche es eine innere Ruhe, einen tiefen Puls und eine regelmässige Atmung. Nicht wenige Mitglieder hätten schon erzählt, dass ihnen diese Sportart auch im Leben allgemein zu ruhigerem Verhalten verholfen hätte.
Das Feldschiessen ist nicht nur Tradition, sondern auch dazu da, Vorurteile abzubauen. Viele hätten keine Ahnung, um was es beim Schiesssport eigentlich geht. Es gehe ja nicht einmal nur um das Schiessen, sondern auch um den sozialen Aspekt.
«Beim Schiessen trifft man nicht nur die Scheibe, beim Schiessen trifft man auch Freunde», sagt Altherr und lacht.
Oft motiviere sie Leute zu einem Besuch im Schützenhaus, damit sie sich selber ein Bild machen können. «Wie wär’s, wenn wir es ausprobieren?», fragt sie schelmisch. So greift denn am Ende auch die Schreibende zur Waffe und versucht sich im Schiessen – unter Anweisung der Präsidentin höchstpersönlich.