Der Mörschwiler Freihof wird saniert - einst braute man hier Bier

Im Freihof hat der Umbau begonnen. Das Gebäude soll das werden, was es schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts war: ein Wohnhaus. Dazwischen wirkten hier Generationen von Bierbrauern.

Karl Eschenmoser
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Seit 1885 trägt das markante Haus im Mörschwiler Dorfzentrum den Namen Freihof.Bild: Michel Canonica

Seit 1885 trägt das markante Haus im Mörschwiler Dorfzentrum den Namen Freihof.Bild: Michel Canonica

Kein Gebäude hat Mörschwil in den letzten Jahren so stark beschäftigt wie der Freihof: Zweimal stimmten die Bürger für den Abbruch dieses Gebäudes – letzten Frühling dann für die Sanierung. Diese ist nun gestartet (siehe Zweittext). Damit beginnt ein neues Kapitel in einer abwechslungsreichen Geschichte.

Ihren Anfang nimmt diese zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Als erster Besitzer des markanten Hauses am Kirchplatz wird 1801 Munizipalrat Joseph Lorentz genannt. Lorentz starb 1802 ohne Nachkommen. Für die Witwe war das Haus zu gross, und doch wollte sie nicht umziehen; ältere Menschen wollten damals im Dorfzentrum bleiben.

Ein Wohnhaus für wohlhabende Senioren

Deshalb wandelte die Witwe Lorentz das Haus zu Stockwerkeigentum. Die oberste Etage bezog Munizipalrat Johannes Hanimann, bis 1081 Wirt im «Adler», mit seiner Frau. Einige Umbauten – separate Haustüren und damals geradezu luxuriöse Abortanbauten – erleichterten das Nebeneinander der wohlhabenden Senioren. Hanimann übte später ein Vorkaufsrecht aus und kaufte das ganze Haus; in zwei der drei Wohnungen lebten weiterhin Mieter.

Als Hanimann starb, brachte seine Witwe 1835 das Haus zur waisenamtlichen Versteigerung. Dort kaufte es der 36-jährige Johann Baptist Hungerbühler aus dem Mörschwiler Weiler Aachen.

Frisches Bier für Mörschwil

Hungerbühler wollte eine Brauereiwirtschaft gründen. 1835 gab es bereits drei Wirtschaften im Dorfzentrum: «Adler», «Ochsen» und «Bären», jede weniger als 50 Schritte von Hungerbühlers Haus entfernt. Mit frisch gebrautem Bier sollte eine vierte Wirtschaft Gäste anziehen. Die einfache Brauerei wurde im Südteil der gemeinsam mit dem «Adler» genutzten Scheune eingerichtet. Das Wirtslokal im Wohnhaus erhielt den Namen «Bierhaus». Ausgeschenkt wurde das übliche, obergärige dunkle Bier, das ohne den grossen Aufwand eines Eiskellers produziert und frisch getrunken wurde. Hungerbühler, der auch als Friedensrichters amtierte, starb 1853 mit 54 Jahren. Sein 25-jähriger Sohn Johann Anton übernahm Brauerei und Wirtschaft. 13 Jahre später starb er an Lungentuberkulose, und seine junge Witwe musste den Betrieb verkaufen.

Die Brauerei erhält den Namen Freihof

Die Voraussetzungen für Kleinbrauereien änderten sich schnell. Die seit 1856 bestehende Eisenbahnverbindung erlaubte den Transport von Gletschereis. Das machte das Brauen und Lagern neuer Bierarten möglich. Die Konsumenten wurden wählerischer. Der neue Besitzer Jakob Spöhr aus Singen war ein erfahrener Bierbrauer. Er betrieb die Brauerei jedoch nur vier Jahre lang, eine schwere Herzkrankheit führte zur «Wassersucht», zur Gewichtszunahme auf rund 175 Kilogramm und 1871 zum Tod. Eine Woche nach der Beerdigung des schwergewichtigen Brauers brannten im Dorfzentrum die Wirtschaft Bären, zwei kleinere Wohnhäuser und zwei Scheunen ab. In der Folge wurde es möglich, zwischen «Ochsen» und «Bierhaus» hindurch eine bequeme Fahrstrasse Richtung Staatsstrasse zu bauen, die heutige St. Gallerstrasse. Das «Bierhaus» erhielt ein Brauereigebäude aus Backstein sowie einen Biergarten mit Trinkhalle. 1875 erwarb Josef Leonz Wirth das Anwesen, das 1880 auf seinen Sohn Hermann überging. Dieser liess im Westen einen Saalanbau errichten. Er gab 1885 seinem Unternehmen den Namen Freihof.

Die nächsten zwei Besitzer waren Brauer aus Oberschwaben: Joseph Burt aus Saulgau, und nach dessen Tod 1908 Paul Mönig aus Waldsee, nahe Ravensburg. 1921 kaufte Mönig einen Lastwagen für den Freihof. Aber das Geschäft stockte. 1923 musste Mönig an die grosse Brauerei Schützengarten verkaufen. Sie legte die Brauerei in Mörschwil sofort still. Das Gasthaus Freihof hatte fortan Schützengarten-Bier auszuschenken.

Die Brauerei Freihof wurde 1923 von Schützengarten übernommen. Postkarte: PD (um 1900)

Die Brauerei Freihof wurde 1923 von Schützengarten übernommen. Postkarte: PD (um 1900)

Der Freihof unter wechselnden Wirten

Wenige Wirte und ihre Familien betrieben das zentral gelegene Gasthaus seither. 1923 übernahm es Ernst Eigenmann, 1934 Bruno Studach, 1947 Jakob Gmünder, 1950 Adolf Sutter, ab 1953 Franz und Anni Schmid-Haas. Fünf Jahre nach dem Tod ihres Mannes stellte Anni Schmid 1988 den Gastbetrieb ein und verkaufte das Haus. 2001 erwarb es die politische Gemeinde.

Im Sommer wird auch aussen gebaut

Die Umbau- und Sanierungsarbeiten des Freihofs schreiten zügig voran, schreibt die Gemeinde im Mitteilungsblatt. Nachdem in einem ersten Schritt die Schadstoffsanierung durchgeführt wurde, habe man Mitte Mai die inneren Rückbauarbeiten abgeschlossen. Die wiederverwendbaren Wand- und Deckentäferungen sowie die Massivholzbodenbeläge seien schonend ausgebaut worden. Nun werden sie für den erneuten Einbau aufbereitet.

Gegen Ende Mai erfolge ein Bauunterbruch. Dann sollen die Masse überprüft werden, damit die Planung mit hoher Kostensicherheit erfolgen könne. Sobald die Aufträge für die Holzbauarbeiten vergeben seien, stelle man die Rohböden wieder her. Anschliessend erfolgen die Installation der Haustechnik und die Montage der Fenster. Sobald der Aufwand der inneren Arbeiten feststehe, könne der definitive Terminplan ausgearbeitet werden. Im Sommer werden die Arbeiten von aussen sichtbar. (al)