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Drei Parlamentarier der Jungen Grünen hätten es gern gesehen, der Stadtrat würde die von der Swisscom vom Netz genommenen Telefonkabinen als Kulturgefässe nutzen. Die Stadt will darauf verzichten.
Seit Anfang Jahr gehört der Betrieb von Telefonkabinen nicht mehr zur Grundversorgung. Die Swisscom nimmt die sogenannten Publifone deshalb vom Netz und baut die Kabinen ab – sofern sie nicht von Privaten oder Vereinen umgenutzt werden. Der Kreativität sind dabei kaum Grenzen gesetzt: Neben Kunst und Büchern sind in der Schweiz auch schon Defibrillatoren in den Glaskästen stationiert worden. In St.Gallen wurden bereits drei der alten Kabinen von Quartiervereinen in Hol- und Bring-Bibliotheken umfunktioniert.
Projekte wie diese finden drei Stadtparlamentarier unterstützenswert: Christian Huber, Anja Signer-Bürkler und Franziska Ryser von den Jungen Grünen haben dem Stadtrat vor den Sommerferien eine Einfache Anfrage zum Thema eingereicht. Sie wollen im Wesentlichen wissen, ob die Stadtregierung bereit ist, «Telefonkabinen für soziokulturelle Projekte für die Bevölkerung zur Verfügung zu stellen» und «selber Projekte zu initiieren» – beispielsweise im Rahmen des Gartenprojekts «clever geniessen» oder in Form einzelner, durch die Stadtbibliothek betreuter Bücherschränke. begründet Franziska Ryser den Vorstoss Anfang Juli.
«Uns ist aufgefallen, dass es anderen Gemeinden eher gelingt, kreative Projekte mit alten Telefonzellen auf die Beine zu stellen.»
Franziska Ryser, Stadtparlamentarierin
Jetzt hat der Stadtrat auf die Fragen der Jungen Grünen geantwortet. Im August gab es auf Stadtgebiet noch 16 Publifone, zwölf davon auf Liegenschaften der Stadt. Die Swisscom plane, die Kabinen etappenweise bis April 2019 abzubauen – bis auf ein einziges Publifon an der Museumsstrasse 25.
Die Kabine an der Rehetobelstrasse 30 hat inzwischen der Quartierverein St.Fiden-Neudorf übernommen und als Mini-Bibliothek einem neuen Zweck zugeführt. Seit 2014 besteht eine solche auch an der Linsebühlstrasse 97 sowie seit 2017 in Winkeln. Auch hier haben Quartiervereine die Initiative ergriffen. Lediglich zwei Anfragen von Privatpersonen zur Umnutzung von Telefonkabinen sind bei der Stadt eingegangen.
Das Angebot der Umnutzung sei abseits der Quartiervereine auf geringe Resonanz gestossen, schreibt der Stadtrat deswegen in Beantwortung der Einfachen Anfrage aus dem Parlament. Die Bereitstellung und der Betrieb eines Angebots seien mit wesentlichem personellen Aufwand verbunden.
Der Unterhalt der Telefonkabinen sowie ein allfälliger künftiger Abbruch respektive die Entsorgung bedeuteten eine finanzielle Belastung. Ausserdem seien die Kabinen – abgesehen von Mini-Büchereien – nur schwer bespielbar. Als Raum für Kunst seien sie wenig attraktiv.
Der Stadtrat schätzt das Potenzial von Telefonkabinen als Gefäss der Kulturförderung deshalb als gering ein. Vor allem, wenn man den Aufwand dem Nutzen gegenüberstelle. Auf eine proaktive Übernahme von ausrangierten Zellen will die St.Galler Stadtregierung deshalb verzichten.
Sie wolle stattdessen weiterhin auf bewährte Gefässe in der Kulturförderung setzen, heisst es in den Antworten auf die Einfache Anfrage. Prüfen werde der Stadtrat aber natürlich weiterhin die Unterstützung von Umnutzungswünschen von Quartiervereinen und anderen Organisationen.