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In der Brauerei Freihof findet einmal pro Monat Bier-Yoga statt. Mit Bier sei Yoga viel leichter, sagt die Lehrerin.
Im Seminarraum der Brauerei Freihof sind blaue Gymnastikmatten zu einem Kreis angeordnet. Bier-Yoga steht an diesem Mittwochabend auf dem Programm. Frauen in Leggings und Männer in kurzen Trainingshosen kommen herein und schnappen sich ein kaltes Bier aus dem Kühlschrank. Zur Auswahl steht helles, naturtrübes und dunkles Bier. Zudem hat der Freihof eigens ein Yoga-Bier gebraut – mit Rhabarber.
Die Lektion beginnt. Yoga- Lehrerin Manuela Möhl bittet erst alle, aufrecht zu stehen, die Augen zu schliessen, das Gewicht des Körpers langsam nach vorne, hinten und seitlich zu verlagern. Nach dem ruhigen Einstieg kommt das Bier ins Spiel. Möhl sagt:
«Greift jetzt zur Flasche und streckt sie so weit in die Höhe, wie es geht.»
Dann in die Hocke. «Der Rücken bleibt gerade.» Ein Schluck Bier. Auf allen vieren geht es weiter. Mit dem Gesäss nach oben eine Pyramidenform bilden. «Versucht, die Ferse ganz auf der Matte zu halten», sagt Möhl. Es zieht in den Waden. Säntis nennt sie die Übung. «Der Berg hat auch eine Antenne, wie ihr wisst.» Das linke Bein soll diese symbolisieren. Nicht allen gelingt es gleich gut, im Gleichgewicht zu bleiben. Der Schweiss rinnt vom Kopf zur Nasenspitze. Und ein Schluck Bier. Im Hintergrund läuft leise Musik: Aerosmith, dann Dire Straits.
Weshalb kombiniert Möhl Yoga mit dem Genuss von Bier? «Dadurch interessieren sich auch Leute für Yoga, die sonst nie in eine Lektion kommen würden.» Also ein Marketing-Gag? Möhl verneint. Für viele sei Yoga mit einer spirituellen Aura und Räucherstäbchen verbunden.
«Mit Bier ist der Zugang lockerer und für viele leichter.»
In der Tat wird während der Yoga-Stunde viel gelacht und gewitzelt. «Es soll nicht so mega ernst sein», sagt Désy Nusch, eine der Teilnehmerinnen. Möhl sei auch keine strenge Lehrerin. Doch anstrengend bleibt die Yoga-Stunde allemal. «Bewegung und Dehnen stehen für mich im Fokus», sagt die Trainerin. «Alle sollen die Übungen korrekt ausführen können und Spass haben dabei.» Zudem seien die Elektrolyten im Bier gesund für den Körper, sagt Möhl, und tönt dabei fast so, als würde sie den Gerstensaft bewerben.
Mit seinem pink gefärbten Haarzopf, der farblich zu seiner Kleidung passt, sticht Adrien Mirle, genannt Adi, aus den Teilnehmern heraus. Er vollführt die Übungen bis zum Maximum. Seine Beweglichkeit erstaunt – bis er sich als Artist zu erkennen gibt. Der aus Sachsen stammende Handstandkünstler tritt im Varieté-Programm des Walter Zoos auf. Von einem Flyer hat er vom Bier-Yoga in Gossau erfahren.
«Normalerweise muss man sich beim Yoga stark auf die innere Ruhe fokussieren, darf an nichts anderes denken.»
Das schrecke viel ab. «Hier können wir stets an die Bierflasche denken.» Er hat die Idee so witzig gefunden, dass er Freunde gefragt hat, ob sie mit ihm mitkommen. So habe sich eine Gruppendynamik entwickelt. Auch Karin Ebneter liess sich aus Witz von Kolleginnen überreden. Seitdem kommt sie jeden letzten Mittwoch des Monats zum Bier-Yoga. Möhls Angebot lebt von Gruppen, die sich zusammentun und gegenseitig motivieren.
Mittlerweile sitzt die Gruppe im Schneidersitz. «Nehmt den rechten Unterschenkel in die Arme und bewegt ihn sanft hin und her – wie ein Baby», leitet Lehrerin Manuela Möhl an. Als in diesem Moment «I Just Died In Your Arms» der britischen Band Cutting Crew ertönt, ist dies eine skurrile Situation.
In Berlin und anderen Grossstädten ist Bier-Yoga der letzte Schrei, weiss Kursteilnehmer Mirle zu berichten. Hierzulande aber ist das Format noch immer exotisch. Das weckt das Interesse vieler. «Einige kommen nur einmal, denn sie merken, dass es sehr wohl anstrengend ist.» Andere sind von der lockeren Art begeistert und kommen wieder. An diesem Tag ist die Zahl der Teilnehmer jedoch wegen der Ferienzeit reduziert. Normalerweise kämen bis zu 30 Teilnehmer, sagt Möhl. Das Interesse sei so gross, dass sie zuletzt zwei Lektionen habe anbieten müssen.
Am Ende der Yoga-Stunde prostet sich die Runde zu, die Matten werden zusammengerollt. Die einen gehen nach Hause, die anderen gönnen sich noch eins an der Bar.