Startseite
Ostschweiz
St Gallen Gossau Rorschach
Drei Jahre lang tobte um eine Baulücke am Mühlensteg ein Rechtsstreit. Ab kommender Woche wird gebaut. In der steilen Bauparzelle soll ein Haus mit 17 Wohnungen entstehen.
Noch ist die Sicht über die Dächer des Stiftsbezirks und den Dom frei. Doch am Montag ist Baustart für den Neubau am Mühlensteg 8, wie Marc Bähler von der Treuhandfirma Bolli in Winterthur, der Bauherrin, auf Anfrage bestätigt. In der Baulücke am Steilhang zwischen Berneggstrasse und Mühlensteg entsteht ein Gebäude mit 17 kleinen Stadtwohnungen.
Die Bauherrin musste lange auf diesen Moment warten. Das Projekt war von Anfang an umstritten. Drei Jahre lang haben sich Anwohnerinnen und Anwohner dagegen gewehrt. Eine Gruppe um Richard Hirzel, bekannt als Clown Pic, kritisierte, der Neubau verstelle den Blick auf die pittoreske Dachlandschaft des Stiftsbezirks und auf das Gallusrelief am Dom. Die Anwohner legten nicht nur Einsprache gegen das Baugesuch und zweimal Rekurs gegen die Baubewilligung ein.
Sie gelangten auch mit einer Petition und 830 gesammelten Unterschriften bis nach Paris. Vor Icomos, einer Unterorganisation der Unesco, argumentierten sie, der geplante Neubau zerstöre eine «wesentliche Sichtachse auf das Unesco-Weltkulturerbe». Doch sie fanden auch dort kein Gehör. Anfang dieses Jahres gaben die Rekurrenten auf. Sie hatten ihre finanzielle Limite erreicht.
Die städtische Baubewilligungsbehörde sah dagegen gute Gründe, das Projekt am Mühlensteg zu bewilligen: Mit dem Neubau werde eine bestehende Baulücke «in anspruchsvoller baulicher Umgebung ortsbaulich und gestalterisch überzeugend geschlossen», befand sie schon vor längerem. Die freie Parzelle gehört zum geschützten Ortsbild Mülenen, wo an Neubauten besonders hohe Ansprüche gestellt werden. Vor Erhalt der Baubewilligung mussten die ursprünglichen Pläne mehrfach überarbeitet werden.
Der Neubau, der vom Architekturbüro Zumo AG in Egnach entworfen wurde, muss eine Reihe von Auflagen erfüllen, was die Gestaltung und die Materialwahl anbelangt. Gestockter Beton ist für die Fassade vorgesehen, Kupfer fürs Dach und Holz-Metall für die Fenster. Marc Bähler von der Treuhandfirma Bolli sagt:
«Es handelt sich nicht um ein Renditeobjekt, sondern um einen
eher teuren Bau.»
Trotzdem solle die Miete bezahlbar bleiben.
Geplant sind 17 Ein- und Zweizimmerwohnungen mit einer Fläche zwischen 23 und 50 Quadratmetern und einem mittleren Ausbaustandard. Mit ihnen will die Bolli Treuhand AG Mieterinnen und Mieter ansprechen, die «städtisches Wohnen lieben und ohne Auto auskommen wollen».
Die Liegenschaft sei insbesondere für Personen ab 50 Jahren geeignet. Denn sie wird über einen Lift verfügen und barrierefrei sein. Die Lage sei sehr beliebt, sagt Marc Bähler. Er habe bereits erste Anfragen von Mietinteressenten erhalten.
Letztlich werde der Markt zeigen, ob dereinst vor allem Seniorinnen und Senioren einziehen werden. Das Nachbargebäude, das die Bolli Treuhand AG vor drei Jahren erneuert hat, war ursprünglich als Studentenbude geplant. Doch heute wohnen laut Bähler nur ein oder zwei Studenten im Haus.
Die ersten Mieter sollen in einem Jahr am Mühlensteg 8 einziehen, sofern mit dem Bau alles rund läuft. Denn dieser bringt Herausforderungen mit sich. Er entsteht an einem Steilhang zwischen zwei Strassen mit einem Höhenunterschied von 13 Metern. Der Hang muss mit Ankern gesichert werden.