Bäume drohen auf Strasse zu stürzen: Über 150 Biber nagen in der Region Rorschach um die Wette

Der Biber ist zurück: In den vergangenen zwölf Jahren hat er grosse Teile der weiteren Region Rorschach erobert. Die meisten Leute haben ihre Freude am putzigen Fellknäuel mit den markanten Schneidezähnen. Allerdings mehren sich insbesondere in der Gemeinde Thal auch Konflikte zwischen Mensch und Biber.

Rudolf Hirtl
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Ein frisch angenagter und aus Sicherheitsgründen gefällter Baum auf Höhe des Flugplatzes in Altenrhein. Schlimmstenfalls könnten Bäume auf die stark befahrene Burietstrasse fallen. (Bild: Rudolf Hirtl)

Ein frisch angenagter und aus Sicherheitsgründen gefällter Baum auf Höhe des Flugplatzes in Altenrhein. Schlimmstenfalls könnten Bäume auf die stark befahrene Burietstrasse fallen. (Bild: Rudolf Hirtl)

Sie fallen sofort auf, die hellen Stellen an Bäumen entlang der Burietstrasse in Thal. Biber haben dort beim Seegraben mehrere grosse Weiden und Pappeln angeknabbert. Allerdings nur seeseitig, denn die Bäume, die zwischen Graben und Strasse stehen, hat die Ortsgemeinde Thal bereits vor zwei Jahren mit Drahtgeflecht schützen lassen.

Auch wenn Biber nicht in der Lage sind, einen mittleren Baumstamm innert einer Nacht zu fällen, halten das kantonale Strasseninspektorat und vor allem der kantonale Wildhüter Mirko Calderara ein wachsames Auge auf die Bäume, die schlimmstenfalls auf die Burietstrasse fallen könnten.

Am Flugplatz Altenrhein kein Biber-Problem

«Die Bäume stehen auf dem Gelände des Flugplatzes. Wir haben die Verantwortlichen dort informiert, doch bis jetzt wurde nichts unternommen», sagt der Wildhüter. Airport-Sprecher Thomas Mary verweist darauf, dass das Gelände nur gepachtet sei und auch diesseits des Seegrabens im Besitz der Ortsgemeinde ist.

«Wir klären derzeit mit der Ortsgemeinde ab, welche Massnahmen zu ergreifen sind. Solange die Bäume nicht umzustürzen drohen, sehen wir noch keinen Handlungsbedarf.»

Abgesehen von den angenagten Bäumen habe sich die Ansiedlung bisher auf dem Airportgelände nicht negativ bemerkbar gemacht. Auch nicht durch instabile Untergründe wegen Biberbauten. Die Tätigkeit des fleissigen Nagers würde aber aufmerksam beobachtet.

Entlang des Seegrabens mussten bisher aus Sicherheitsgründen ein halbes Dutzend Bäume gefällt werden. Allerdings mehrheitlich Weiden; der Lieblingsbaum der Biber. Der Schaden ist laut Mirko Calderara gering, da Weiden schnell nachwachsen.

Auch Bäume direkt an der Burietstrasse wurden angefressen. (Bild: Rudolf Hirtl)

Auch Bäume direkt an der Burietstrasse wurden angefressen. (Bild: Rudolf Hirtl)

Laut Helene Tobler, Ratsschreiberin der Ortsgemeinde Thal, wurden die Bäume bewusst oberhalb der Frassspuren abgeschnitten und die Stümpfe stehen gelassen, damit die Tiere weiterknabbern können. Auch einige der nun frisch angekauten Bäume würden gefällt, andere mit Drahtgeflecht geschützt. Helene Tobler räumt ein, dass Biber die Ortsgemeinde mittlerweile ordentlich auf Trab halten würden. An den felligen Kragen gehen wolle man den Tieren aber dennoch nicht. Frassspuren sind mittlerweile an zahlreichen Orten in der weiteren Region Rorschach zu entdecken.

Neben dem Seegraben auch in anderen Teilen von Thal und Altenrhein, dem zwischen Rheineck und St. Margrethen gelegenen Gebiet Eselschwanz, aber auch an den Seeufern und an Zuflüssen in Goldach, Horn sowie Steinach.

Im Raum Thal-Altenrhein leben 20 bis 25 Biber

Im Frühling 2006 wurden erstmals Spuren eines Bibers im Gebiet Eselschwanz entdeckt. Rudolf, so hatte ihn Biberschutzfachmann Markus Moser getauft, war zuerst alleine unterwegs. Der damals zweijährige Biber, der vermutlich aus der Region Radolfzell oder aus Bayern zuwanderte, gründete aber schon bald eine Familie.

Heute schätzt Mirko Calderara den Bestand in der weiteren Region Rorschach auf 150 Tiere. Alleine im Raum Thal-Altenrhein dürften es 20 bis 25 Biber sein. Mehrheitlich konstante Wasserstände in den hiesigen Bächen seien mit ein Grund, weshalb sich die Pflanzenfresser hier wohlfühlten.

Alleine in der Region Rorschach leben mittlerweile wieder über 150 Biber. (Bild: Christof Sonderegger)

Alleine in der Region Rorschach leben mittlerweile wieder über 150 Biber. (Bild: Christof Sonderegger)

Immer häufiger sind daher in der Region Rorschach auch Spuren von Biberaktivitäten zu sehen. Die meisten Leute freuen sich und beobachten das Treiben gespannt, wobei die Tiere selbst kaum einmal zu sehen sind.

Welch genialer Baumeister der Biber ist, zeigt sich aktuell an der Mündung des Seegrabens. Mit Zweigen, Stämmen, Steinen, Schlamm, Schilf und was ihm sonst zwischen die Pfoten kommt, hat er dort einen Damm gebaut. Der dadurch entstandene Stausee verhindert, dass die Eingänge zu seinem Bau trocken liegen.

Wenig Freude am Damm hat allerdings die politische Gemeinde Thal, zumal an dieser Stelle bei Hochwasser Schotten das Seewasser zurückhalten sollen. Calerara sagt dazu:

«Wir haben die Situation im Auge. Bodenseehochwasser kommt ja nicht von heute auf morgen. Im Notfall haben wir den Damm des Bibers rasch beseitigt.»
Diesen Damm haben Biber an der Mündung des Seegrabens in Staad gebaut. (Bild: Rudolf Hirtl)

Diesen Damm haben Biber an der Mündung des Seegrabens in Staad gebaut. (Bild: Rudolf Hirtl)

Biber sind in der Regel eher scheue Gesellen. Sind sie aber auf der Suche nach einem Quartier, weil sie von den Eltern aus dem Bau gewiesen wurden, so legen sie erstaunlich weite Strecken zurück. Wie etwa jener Jungbiber, der im April 2017 in Goldach kurz vor 23 Uhr seelenruhig auf der St. Gallerstrasse in Richtung Rorschach spazierte.

Der wanderlustige Nager wurde vom alarmierten Wildhüter in eine Metallkiste gepackt, nach Altenrhein gefahren und dort freigelassen. Gut möglich, dass er der geschickte Dammbauer ist.

Im April 2017 spazierte dieser Biber der St.Gallerstrasse in Goldach entlang (Bild: Rudolf Hirtl)

Im April 2017 spazierte dieser Biber der St.Gallerstrasse in Goldach entlang (Bild: Rudolf Hirtl)

Wildhüter Mirko Calderara fing ihn ein und brachte in nach Staad. (Bild: Rudolf Hirtl)

Wildhüter Mirko Calderara fing ihn ein und brachte in nach Staad. (Bild: Rudolf Hirtl)

Bei Ärger mit Bibern immer zuerst den zuständigen Wildhüter informieren

Mit der Verbreitung der Biber in der Region Rorschach mehren sich auch die Berührungspunkte zwischen Menschen und diesen Tieren. Obstbäume und andere wertvolle Bäume könnten laut Mirko Calderara durch einen Drahtzaun geschützt werden. Wird diese Empfehlung des Wildhüters nicht umgesetzt, sind Konflikte vorprogrammiert. Wie etwa bei einer Thaler Firma, die nun Baumschäden auf ihren Gelände beklagt. «Treten Probleme mit Bibern auf, etwa durch angefressene Bäume oder instabile Untergründe durch Biberbauten, so empfiehlt es sich laut Calderara als erstes den zuständigen Wildhüter zu informieren. «Wir bieten gern Hand, um in Zusammenarbeit mit betroffenen Grundeigentümern geeignete Massnahmen in die Wege zu leiten», sagt er.