Startseite
Ostschweiz
St Gallen Gossau Rorschach
In Untereggen werden Asylsuchende seit kurzem von einer Privatperson in Alltagsfragen betreut. Die Gemeinde suchte diese per Inserat. Renza Gamma hat sich gemeldet, weil sie Vorurteile abbauen will.
«Flüchtlings-Betreuungsperson gesucht», dieses Inserat im Unteregger Mitteilungsblatt stiess bei zwei Frauen aus dem Dorf auf reges Interesse. «Wir haben eine Privatperson aus Untereggen gesucht, welche die fünf bis sieben männlichen Asylsuchenden und Flüchtlinge aus dem Kosovo, Pakistan, der Türkei, Sri Lanka und Syrien während zwei bis drei Stunden pro Woche betreut», sagt Gemeindeschreiber Norbert Näf. Die Arbeit wird von der Gemeindeverwaltung im Stundenlohn angemessen vergütet.
Gemeldet hat sich auch Renza Gamma, die seit Ende 2013 in Untereggen wohnt. «Ich will mit meinem Engagement etwas bewirken und Vorurteile abbauen», sagt Renza Gamma. Dies sei auch ihre Motivation, diese Herausforderungen anzunehmen. Sie wolle den Aufgaben mit Eigeninitiative begegnen und so die Integration unterstützen.
Die 65-jährige, ehemalige Sozialversicherungs-Fachfrau mit Erfahrung in der Freiwilligenarbeit will Vertrauen zu den Flüchtlingen aufbauen, ihnen die schweizerischen Verhältnisse und Werte erklären sowie die hiesige Kultur näherbringen. «Ich werde sie ausser am Wochenende täglich besuchen, ganz spontan, ohne Zeitplan», erklärt sie. Um Brücken zur einheimischen Bevölkerung zu bauen, möchte Gamma in Zukunft mit den Asylsuchenden den Mittagstisch im Dorf besuchen. «Man spürt, dass es für die Männer, die aus Ländern mit patriarchalen Systemen stammen, manchmal schwierig ist, sich meinen Anordnungen zu fügen. Doch wer in dieser Gesellschaft lebt, muss sich an die Regeln und an unser Wertesystem halten», sagt Gamma. Ihr Ziel ist es denn auch, ihnen Ordnung und Umweltschutz näherzubringen. Und da jeder für sich alleine koche, sei eine gesunde und ausgewogene Ernährung ebenfalls ein Problem. Auch die Sauberkeit in der Küche und im Bad lasse zu wünschen übrig. «Die Einhaltung der Sorgfaltspflicht, Körperpflege und Hygiene sind mir ebenfalls ein grosses Anliegen.» Renza Gamma kennt die Herausforderungen. Sie hofft aber, dass die Flüchtlinge mit ihrer Unterstützung eine Hürde nach der anderen nehmen werden.
«Erfahrungen im Sozialbereich und in der Freiwilligenarbeit sowie eine gewisse Lebenserfahrung waren die Kriterien, die zur Wahl von Frau Gamma führten», sagt Näf. Dabei wird sie von Marina Hanimann, der Leiterin Sozialamt, gecoacht. Eine Zusatzausbildung sei nicht notwendig. Für das Finanzielle, Fragen rund um die Gesundheit und die berufliche Integration sei das Sozialamt zuständig. Das Aufgabenprofil der Betreuungsperson umfasst verschiedene Themenbereiche, die sich um Alltägliches handeln. So werden die Flüchtlinge instruiert, wie in der Schweiz die Abfallentsorgung zu handhaben ist. Sie erhalten eine Anleitung in Haushaltsangelegenheiten und sie werden bei Bedarf beim Einkauf von Putzmaterial begleitet.
Falls gewünscht, erhalten die zu betreuenden Personen auch Unterstützung beim Zahlungsverkehr oder bei der Eröffnung eines Postkontos. Neuankömmlinge werden engmaschiger begleitet. Bei der Ankunft erhalten sie eine Einführung in die alltäglichen Aufgaben sowie ein Starterpaket, das zum Beispiel Toilettenartikel umfasst. Eine allfällige berufliche Integration, der Besuch von Deutschkursen sowie die Einhaltung von Arztterminen obliegt auch dem Sozialamt.
«Andere Gemeinden bieten diesen Betreuungsdienst ebenfalls an. Die Lösungen sind jedoch sehr unterschiedlich und reichen von Vollprofessionalität bis hin zur Freiwilligenarbeit», ergänzt Näf.