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Der Andrang für den Kantonsrat ist im Wahlkreis St.Gallen-Gossau rekordverdächtig. 311 Personen bewerben sich für 29 Sitze. Auffällig ist, dass fünf von 15 Listen den Jungen gehören. Frauenliste gibt es diesmal hingegen nur eine.
Die Bereinigungsfrist der Kandidaturen für die Kantonsratswahlen ist abgelaufen. Im kantonalen Internetauftritt ist ersichtlich, was am 8. März auf Wählerinnen und Wähler zukommt. Im Wahlkreis St.Gallen-Gossau drängt sich eine Schlussfolgerung beim ersten Blick auf die 15 Listen auf: Über fehlende Auswahl wird man sich beim Ausfüllen des Zettels keinesfalls beklagen können.
Insgesamt treten im grössten Wahlkreis des Kantons 311 Kandidierende an; das sind fast 100 mehr als vor vier Jahren. Auch der Frauenanteil hat zugenommen: 77 Frauen auf 218 Kandidierende bedeuteten 2016 einen Anteil von 35,3 Prozent. Diesmal sind es 129 Frauen auf 311 Kandidaturen, was eine Quote von 41,5 Prozent ist.
Die Wahlchance der meisten Kandidierenden ist sehr klein. Am 8. März treten im Wahlkreis St.Gallen-Gossau nämlich 25 Bisherige (auf 29 zu vergebende Sitze) wieder an. Die meisten dürfen sich der Bestätigung im Amt sicher sein. In Gefahr, abgewählt zu werden, geraten Bisherige erfahrungsgemäss vor allem in Zusammenhang mit Sitzverlusten ihrer Partei.
Angesichts der Resultate der Nationalratswahlen ist davon auszugehen, dass es am 8. März im Wahlkreis St.Gallen-Gossau zu Sitzverschiebungen kommen wird. Die Zahl der betroffenen Mandate könnte zwischen zwei und vier liegen. Im besten Fall dürften sich also etwa 290 Neue um sechs bis acht neu zu besetzende Sitze balgen.
Auf Sitzverluste einstellen muss sich angesichts ihres Resultats bei den Nationalratswahlen die SVP. Bei ihr treten von sieben Bisherigen allerdings zwei – Kurt Alder (St.Gallen) und Paul Scheiwiller (Waldkirch) – nicht mehr an. Die dritte Bisherige, die nicht mehr antritt, ist Neo-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP, Abtwil).
Ein spezielles Problem mit Bisherigen hat die CVP-Kreispartei St.Gallen-Gossau: Ihr ist Anfang 2019 ein Sitz im Kantonsrat abhanden gekommen. Dominik Gemperli rutschte für Michael Hugentobler nach, lebte aber als Gemeindepräsident von Goldach schon nicht mehr im Wahlkreis St.Gallen-Gossau, sondern in demjenigen von Rorschach. Dort kandidieren am 8. März elf Bisherige für zehn Sitze. Im Wahlkreis St.Gallen-Gossau stellt sich damit die Frage, ob die CVP ihr vakantes Mandat halten kann.
Bei den Personen, die im Wahlkreis St.Gallen-Gossau erstmals für den Kantonsrat kandidieren, fehlt eine grosse Überraschung. Auf den Listen stehen die Namen der üblichen Verdächtigen. Darunter sind viele, die in Parlamenten und Gemeinderäten sitzen, also über lokalpolitische Erfahrung verfügen.
Demgegenüber kandidieren auch auffällig viele Junge. Ausser bei der SP setzt bei den Kantonsratswahlen niemand mehr auf eine Frauenliste: Trumpf sind diesmal junge Listen. FDP, CVP, Grüne, Grünliberale sowie der Verbund aus EVP und BDP warten neben einer Haupt- mit einer jungen Liste auf. So erklärt sich auch das Durchschnittsalter der 311 Kandidierenden: Es ist mit 39 Jahren relativ tief.
Die Schweizer Demokraten geben nicht auf
Im Wahlkreis St.Gallen-Gossau treten am 8. März auch vier Gruppierungen an, die keine Vertreter im Kantonsrat haben. EVP und BDP tun dies im Doppelplack auf zwei gemeinsamen Listen. Welche Kandidierenden zu welcher Partei gehören, ist so nicht mehr wirklich ersichtlich. Es muss sich zeigen, was die Wählerschaft davon hält. Die Schweizer Demokraten um den ehemaligen St.Galler Stadtparlamentarier und «ewigen Kandidaten» Roland Uhler warten mit vier, die Parteifreien mit sieben Kandidaturen auf.
(vre) Im Wahlkreis St.Gallen-Gossau gehören am 8. März fünf von 15 Kantonsratslisten dem politischen Nachwuchs. Und auch bei der SP, die mit getrennten Frauen- und Männerlisten antritt, sind die Jungen – etwa mit den prominent platzierten Klimaaktivisten Miriam Rizvi und Moritz Rohner – gut vertreten.
Die Jüngsten im 311-köpfigen Kandidatenfeld sind Oliver Wick von den Jungfreisinnigen und Dominic Truxius von den Juso. Beide haben Jahrgang 2002. Wick hat Anfang Februar und Truxius Ende Januar Geburtstag. Damit ist der Jungfreisinnige noch ein paar Tage jünger als der Juso.
Die beiden ältesten Kandidierenden im Wahlkreis St.Gallen-Gossau finden sich auf der grünen Hauptliste: Es sind Carol Idone mit Jahrgang 1941 und Christina Dieterle mit Jahrgang 1942; beide gehen also auf das 80. Lebensjahr zu.
In den Reihen der Bisherigen fällt aber auch noch ein anderer auf: Karl Güntzel (SVP, St.Gallen) gehört am 8. März zwar auch schon zu den älteren Kandidierenden, mit Jahrgang 1950 ist er quer durch die zehn Hauptlisten aber in guter Gesellschaft.
Güntzel ist aber der Kantonsrat mit der längsten Amtszeit: Er sitzt seit dem 1. Mai 1992, also bald 28 Jahre, im Kantonsparlament. Gewählt worden war er seinerzeit noch als Vertreter der FDP, von der er später zur SVP übergetreten ist. 2011/12 präsidierte der St.Galler Rechtsanwalt den Kantonsrat.
Der Kantonsparlamentarier mit der zweitlängsten Amtszeit aus dem Wahlkreis St.Gallen-Gossau sitzt seit bald 24 Jahren, seit dem 1. Mai 1996, in der Pfalz. Er vertritt dort allerdings ganz andere Positionen als Güntzel: Ruedi Blumer (Gossau) politisiert nämlich bei der SP. Zudem ist er derzeit nationaler Präsident des Verkehrsclubs der Schweiz (VCS).