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Heutzutage trifft man in der Stadt bereits mehr Igel an als auf dem Land. Die Stacheltiere haben aber in aufgeräumten Gärten Probleme, Unterschlupf für den Winter zu finden. Eine Schulaktion will Abhilfe schaffen.
Parallel zur Intensivierung der Landwirtschaft haben in den vergangenen Jahrzehnten Wildtiere die Stadt als Lebensraum entdeckt. Sie führen hier ein heimliches Leben neben den menschlichen Nachbarn. Viele sind auch nur nachts unterwegs. Ab und zu können dabei Fuchs, Dachs, Igel, Maus, Marder und Co. beobachtet werden.
Um im Siedlungsgebiet überleben zu können, brauchen gerade die kleineren Wildtiere Verstecke, in denen sie den Tag verschlafen können. Etliche von ihnen sind auch auf Rückzugsmöglichkeiten angewiesen, um Schutz vor ihren Fressfeinden zu finden. Und auch wenn’s Katzenhalterinnen und Katzenhalter nicht gerne hören: Dazu zählen nicht zuletzt Stubentiger, die nach draussen dürfen.
In den heute üblichen bis in den letzten Winkel aufgeräumten und gepützelten Gärten haben es Igel, Mäuse, Eidechsen oder Erdkröten schwer Unterschlupf zu finden. Die Aktion Stadtwildtiere.ch will für diese Situation sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, wie man das Problem im eigenen Garten mit ganz einfachen Mitteln angehen kann.
Im Rahmen dieser Aktion bauen dieser Tage 14 Schulklassen aus sieben Stadtsanktgaller Schulhäusern in den Schulanlagen 14 grosse Haufen aus Ästen und Blättern. Einerseits sind diese ideal als Winterquartier für Igel geeignet. Anderseits werden sie aber auch das ganze Jahr über gerne von anderen kleinen Wildtieren als Unterschlupf genutzt.
Am Donnerstag, 25. Oktober, schichtete beispielsweise eine Klasse der Grundstufe (1. und 2. Klasse) im Halden-Schulhaus im Osten der Stadt zwei solcher Asthaufen auf. Aktiv beim Instruieren und Bauen dabei war Stadträtin Maria Pappa, die städtischen Bauchefin, in deren Direktion Planung und Bau der Naturschutz angesiedelt ist.
Den Hintergrund der Aktion erläuterten Monika Haggenmacher von der Stadtplanung und Sandra Gloor vom Verein Stadtnatur, der das Projekt Stadtwildtiere.ch betreut. Wenn die Tage kürzer werden und die Blätter von den Bäumen fallen, beginnt in Gärten und Grünanlagen das grosse Aufräumen. Dabei wird oft vergessen, dass kleine Wildtiere und Insekten auf geschützte Orte angewiesen sind, um die kalte Jahreszeit zu überdauern.
Ideal sind Ast-, Laub- oder Steinhaufen in einer Ecke des Gartens oder des Parks. Von diesen Verstecken profitieren neben Igeln beispielsweise Amphibien, Reptilien, Käferarten oder Ameisen. Das Holz von Asthaufen und die Insekten, die es anlockt, bieten den Tieren Schutz und Nahrung.
Mit der Asthaufen-Aktion nimmt Stadtwildtiere.ch ein altes Anliegen des Schweizer Naturschutzes neu auf. Speziell in den 1970er- und 1980er-Jahren wurde intensiv dazu aufgerufen, in weniger genutzten Ecken von Gärten und Parks, auf Restflächen und Brachen mehr natürliche Unordnung zuzulassen.
Dazu gehört unter anderem mehr Toleranz gegenüber weniger beliebten Pflanzen. Die Brennnessel beispielsweise dient den Raupen verschiedener Schmetterlingsarten als Futter. Im Herbst sind Gärtnerinnen und Gärtner zudem aufgerufen, die natürliche Vielfalt nicht aus übertriebenem Ordnungssinn wegzuputzen: In den Stängeln vieler mit dem Wintereinbruch verdorrter Pflanzen überwintern nämlich Larven oder Puppen von Insekten. Samen und Früchte dieser Pflanzen dienen zudem Vögeln und Wildtieren als Nahrung.
Im Rahmen des Projekts Stadtwildtiere.ch können Beobachtungen von Wildtieren für den gesamten deutschsprachigen Raum im Internet eingetragen werden. Lokale Ableger des Aktion sind aktuell neben St.Gallen auch in den Städten Bern, Berlin, Chur, Winterthur, Luzern, Wien und Zürich aktiv. Weitere sollen in nächster Zeit gestartet werden.
In St.Gallen wird das Projekt von der Stadt sowie von den Naturschutz- und Umweltorganisationen WWF, Pro Natura sowie Naturschutzverein Stadt St.Gallen und Umgebung (NVS) getragen. Hier werden Wildtiere im Stadtgebiet seit diesem Sommer von speziellen Beobachterinnen und Beobachtern dokumentiert. (vre)