ST.GALLEN. Im Museumsquartier gibt es keinen «Kulturplatz». Dem Stadtrat ist das Siegerprojekt aus dem Gestaltungswettbewerb zu teuer. Zudem überzeugt es ihn auch nicht. Bekannt wurde der Verzichtsentscheid auf ungewohntem Weg übers Internet.
Unter der Schlagzeile «Zurück an den Absender» berichtet der Internetauftritt des Kulturmagazins «Saiten» in zwei Beiträgen über «Das Kulturplatz-Aus» in St. Gallen. Die Stadtregierung habe bereits vor den Sommerferien entschieden, auf die Realisierung eines Platzprojektes zwischen der Tonhalle, dem Kirchhoferhaus und dem Theater (siehe Grafik unten) zu verzichten, bestätigt auf Anfrage Bausekretär Fredi Kömme. Ein Grund für den Entscheid ist die derzeitige Situation der Stadtkasse. Zudem überzeugt das Siegerprojekt aus dem Gestaltungswettbewerb für den «Kulturplatz» den Stadtrat nicht vollständig.
Die Idee für den «Kulturplatz» geht auf ein Postulat im Stadtparlament aus dem Jahr 1999 zurück. Darin wird der Stadtrat beauftragt, mit Aufhebung der alten Ausfahrt der Parkgarage Brühltor in die Museumsstrasse zu prüfen, ob die Kreuzung Museums- und Blumenaustrasse in einen Platz verwandelt werden könnte. Die Idee stiess damals in Parlament wie Stadtregierung mehrheitlich auf grundsätzliche Zustimmung.
Mit dem Ausbau der Brühltor-Parkgarage wurde deren Ausfahrt bis 2006 an die Torstrasse verlegt. Der Weg fürs Platzprojekt war damit frei. 2011 wurde dafür ein zweistufiger Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben. Vierzig Büros interessierten sich dafür und reichten ein Grundkonzept ein, acht davon konnten aufgrund der ersten Jurierung ihren Projektbeitrag ausarbeiten.
Ein Jahr später wurde das von einer achtköpfigen Fachjury ausgewählte Siegerprojekt des Zürcher Büros Barrão und Hutter der Öffentlichkeit vorgestellt. Es überraschte insofern, als dass es auf eine Platzgestaltung zwischen Tonhalle und Theater verzichtete, dafür aber den Perimeter für kleine Gestaltungsmassnahmen ins Quartier ausweitete. Das Projekt müsse noch massiv überarbeitet werden, hiess es bei der Präsentation im Januar 2012.
Im Stadtrat gab es dann Zweifel am Gestaltungsvorschlag. Daher wurde er zur Kenntnis genommen, aber nicht bewilligt. Dies sollte erst nach der Überarbeitung geschehen. Noch im Frühsommer wurden die Chancen des Vorhabens in der Bauverwaltung als «intakt» bezeichnet. Im aktuellen Bericht über hängige Parlamentsvorstösse hiess es im Mai, das Siegerprojekt für den «Kulturplatz» sei bereinigt und werde demnächst vom Stadtrat begutachtet.
Diese Begutachtung hat tatsächlich kurz danach stattgefunden. Und sie hatte – wie jetzt bekannt wird – ein überraschendes Resultat. Zum einen aufgrund der angespannten städtischen Finanzlage wurden der «Kulturplatz» und der dafür nötige Kredit von 7,13 Millionen Franken in der vorliegenden Form definitiv aus der Investitionsplanung gestrichen. In dieser Planung figurierten sehr viele Vorhaben, etliche – darunter auch Schulhaussanierungen – seien dringend. So sei dem Stadtrat angesichts der finanziellen Perspektiven nichts anderes übriggeblieben, als Prioritäten zu setzen, sagt Bausekretär Fredi Kömme.
Die Finanzen haben gemäss Kömme zwar den Ausschlag dafür gegeben, dass der «Kulturplatz» gestorben ist. Mit ein Grund für den Verzichtsentscheid sei allerdings gewesen, dass die Überarbeitung des Projekts die Vorbehalte der Stadtregierung dagegen nicht hätten ausräumen können. Dabei sei es nicht um die fachliche Qualität des Projektes gegangen, sondern der Stadtrat habe – so wie das immer üblich sei – eine politische Gesamtbeurteilung vorgenommen, hält Bausekretär Kömme ausdrücklich fest.
Ungewöhnlich ist die Art und Weise, wie der Negativentscheid zum «Kulturplatz» an die Öffentlichkeit gedrungen ist. Offiziell informiert wurden gemäss «Saiten» bisher nur die Autoren des Siegerprojektes sowie Nachbarn. Dass die breite Öffentlichkeit offiziell noch nichts vom «Kulturplatz»-Verzicht erfahren hat, erklärt Fredi Kömme damit, dass zu dem Thema im Stadtparlament ein Postulat hängig ist. In dieser Situation sei es Usanz, vor der Öffentlichkeit das Parlament zu informieren. Die Antwort auf den hängigen Vorstoss sei in der Baudirektion in Arbeit. Und sie werde dann wie üblich nicht nur den Parlamentsmitgliedern, sondern auch den Medien zugestellt.