Wo die Schwächsten kollidieren

Je höher die Temperaturen, desto mehr Velofahrer sind wieder in der Stadt unterwegs. Damit steigt das Konfliktpotenzial zwischen dem Velo- und Fussverkehr. Insbesondere auf der Vadianstrasse kommt es immer wieder zu Problemen.

Malolo Kessler
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An der Vadianstrasse sind Fuss- und Velobereich getrennt. Nicht alle Fussgänger halten sich daran. (Bild: Ralph Ribi)

An der Vadianstrasse sind Fuss- und Velobereich getrennt. Nicht alle Fussgänger halten sich daran. (Bild: Ralph Ribi)

Einkaufende, Arbeitende, Flanierende: Täglich passieren 11 000 Fussgängerinnen und Fussgänger die Zählstelle, welche die Stadt an der Vadianstrasse eingerichtet hat. Dazu kamen im Monat März durchschnittlich knapp 800 Velofahrer, an Spitzentagen waren es deren 1100. Und es werden mehr. «Wir gehen davon aus, dass diese Werte im Frühsommer noch deutlich höher liegen werden», sagt Stefan Pfiffner, Leiter Verkehrsplanung beim Tiefbauamt, welches die Messungen durchführt. Damit steigt auch das Konfliktpotenzial zwischen den beiden schwächsten Akteuren im Verkehr.

Unvorsichtige Fussgänger

Zwischen Globus und Neumarkt sind die Bereiche für Fussgänger und Velofahrer durch Markierungen und Randsteine getrennt. «Die Fussgänger nehmen diese Trennung allerdings weniger wahr, weil viel weniger Velo- als Fussverkehr herrscht», sagt Robert Furrer, Geschäftsleiter der VCS-Sektion St. Gallen/Appenzell und Leiter der Fussverkehr-Regionalgruppe St. Gallen. Da Fussgänger von allen Verkehrsteilnehmern das geringste Gefährdungspotenzial aufweisen, hielten sie sich am wenigsten an die Regeln. Auf der Vadianstrasse sei das besonders gut zu beobachten. Er bezeichnet die Strecke als «schwieriges Pflaster, auf dem es immer wieder zu Konflikten kommt».

Benjamin Lütolf, Sprecher der Stadtpolizei, bestätigt den Eindruck. Zu wie vielen Unfällen zwischen Fussgängern und Velofahrern es in den letzten Jahren an der Vadianstrasse gekommen ist, kann er allerdings nicht sagen: Die Stadtpolizei führt darüber keine Statistik. «Aber es dürften nicht allzu viele sein, bei denen Personen verletzt worden sind.» Was nicht heissen müsse, dass es wenig Konflikte gebe. «Wir haben natürlich nur von den Unfällen Kenntnis, bei denen es Verletzte gibt.» Im Vergleich zur Vadianstrasse sei es sonst in der Stadt «eher ruhig zwischen Fussgängern und Velofahrern». In der südlichen Altstadt etwa bestünden seit Einführung der Begegnungszone keinerlei Probleme.

Eine Begegnungszone?

Furrer vermutet, dass die Begegnungszone die Ursache dafür ist. «Die Verkehrsteilnehmer sind in diesen Zonen generell vorsichtiger. Das liegt einerseits an der Möblierung, andererseits daran, dass viele unsicher sind, wie sie sich dort verhalten sollen.» Furrer regt das Prüfen einer Begegnungszone an der Vadianstrasse an. «Das könnte die Situation verbessern.» Für die Stadt ist das Einführen einer Begegnungszone allerdings kein Thema, wie Verkehrsplanungsleiter Stefan Pfiffner sagt. «Denn entscheidend ist aus unserer Sicht nicht das Verkehrsregime, sondern die Gestaltung.» Und der Bereich sei – mit den niedrigen Randsteinen, die den Velo- vom Fussgängerbereich abgrenzen – gut gestaltet. Laut Pfiffner wird derzeit aber geprüft, wie besser auf den Velobereich aufmerksam gemacht werden kann.