Wenn der Computer nicht will

Budgetberatungen sind seit einigen Jahren immer auch Spardebatten. So war es auch vorgestern Dienstag, als das Stadtparlament das Budget 2016 verabschiedet hat. Dass auch Pannen die Verbesserung der Zahlen unmöglich machen können, zeigt ein Beispiel.

Reto Voneschen
Drucken

St. Gallen führt seit über 100 Jahren eine eigene Schulzahnklinik. Die Kinder- und Jugendzahnklinik, wie die Einrichtung heute heisst, ist Bestandteil der Gesundheitsdienste des städtischen Schulamtes. Ein wichtiger Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Zahnprophylaxe. An der Klinik werden jährlich rund 5500 Kinder im Klassenverband auf Zahnschäden, Zahnfehlstellungen und Kieferanomalien untersucht. 2013 wurden mehr als 2000 Kinder behandelt.

Neue Tarifstruktur

Politisch zu reden gab die Schulzahnklinik letztmals im August 2014. Damals diskutierte das Stadtparlament eine Vorlage, die die Einrichtung zum einen in der neuen Schulordnung verankerte und die zum anderen eine neue Tarifordnung vorsah, mit der die Stadt im Rahmen des Entlastungspaketes «Fit13plus» sparen respektive mehr Geld einnehmen wollte. Der Stadtrat wollte die Beiträge an die zahnärztlichen Behandlungskosten von maximal 90 auf 50 Prozent reduzieren. Das Parlament halbierte diese Reduktion auf eine städtische Beteiligung von maximal 75 Prozent. Umsetzen sollte der Stadtrat dies durch ein neues Reglement.

Weniger Einnahmen budgetiert

In Erwartung höherer Einnahmen bei der Schulzahnklinik schlug sich die Änderung bereits im Stadtbudget fürs laufende Jahr nieder. Die Erwartung wird jetzt im vorgestern Dienstag verabschiedeten Budget 2016 aber wieder um 259 700 Franken nach unten korrigiert. Schuld daran ist ein Problem mit der Informatik, wie Michael Hugentobler (CVP), Präsident der Geschäftsprüfungskommission, im Parlament berichtete.

Mit dem im Einsatz stehenden, in die Jahre gekommenen Computerprogramm können die Tarifvorgaben des neuen Reglements schlicht nicht umgesetzt werden. Wodurch die Stadt 2015 und 2016 je etwas über 250 000 Franken nicht wie vorgesehen kassieren kann. Gegenmassnahmen sind gemäss Michael Hugentobler eingeleitet: Zum einen sind die Finanzen zur Entwicklung einer neuen Software in der Investitionsrechnung 2016 enthalten. Zum anderen, so habe die Stadt der GPK versichert, sei eine Zwischenlösung in Arbeit, um Abrechnungen manuell erstellen zu können. Mit der computergestützten Abrechnung der neuen Tarife ist «frühestens auf Kalenderjahr 2017» zu rechnen.

Stadt verliert Geld

Im Stadtparlament löste diese Mitteilung am Dienstag Stirnrunzeln aus. Der ganze Vorgang mute seltsam an, kritisierte Susanne Gmünder (CVP). Da gehe der Stadt ein erklecklicher Betrag verloren. Wieso die Einführung der neuen Software denn so lange dauere.

Der Stadtrat sei mit der Situation auch nicht zufrieden, tröstete Schuldirektor Markus Buschor. Er habe als Nicht-Computerfachmann aber auch akzeptieren müssen, dass komplexe Softwarelösungen nicht von heute auf morgen entwickelt und eingeführt werden könnten. Der Zeitbedarf dafür sei durchaus vergleichbar mit jenem zur Planung eines Hauses.

Nicht nur ein St. Galler Problem

Ursprünglich sei man wirklich davon ausgegangen, die Umstellung mit der vorhandenen Software abdecken zu können, versicherte Buschor. Das habe sich nachträglich als unmöglich erwiesen. Wenn es ein Trost sei: St. Gallen sei bei weitem nicht alleine mit ihrem Softwareproblem in diesem Bereich. Andere und auch grössere Städte hätten da zu kämpfen. – Was tatsächlich für alle jene nur ein kleiner Trost sein dürfte, die quer durchs Stadtbudget 2016 mit erheblich kleineren Beträgen gerupft werden.