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Ostschweiz
Ein psychisch kranker Mann hat den bischöflichen Beichtstuhl in der Kathedrale in Brand gesteckt, weil er angeblich mit der Beichte unzufrieden war. Das Gericht ordnete nun eine stationäre Suchtherapie an.
Der 51-jährige Schweizer musste sich am Dienstag vor dem Kreisgericht St.Gallen verantworten. Er hatte im Juni 2016 zweimal versucht, mit Rechaudkerzen in der Kathedrale ein Feuer zu legen. Im Untersuchungsverfahren gab er als Grund Unzufriedenheit über seine Beichte vom Vortag und eine allgemeine Verärgerung über die katholische Kirche an. Eigentlich könne er sich an den Tathergang überhaupt nicht mehr erinnern, erklärte der Mann am Dienstag an der Gerichtsverhandlung. Er wisse aber, dass er für die versuchte Brandstiftung verantwortlich sei. Heute könne er nicht mehr verstehen, weshalb er das Feuer gelegt habe.
Flammen mit Weihwasser gelöscht
Gemäss Anklageschrift betrat der Beschuldigte um die Mittagszeit das Innere der Kathedrale und ging zum bischöflichen Beichtstuhl. Dort deponierte er auf dem Holztablar hinter dem halbverschlossenen Vorhang eine brennende Rechaudkerze. Der Vorhang fing Feuer und beschädigte den mit 250jährigen Schnitzereien verzierten Beichtstuhl. Zwei Touristen bemerkten den Brand und löschten ihn geistesgegenwärtig mit Weihwasser, noch bevor die Berufsfeuerwehr St.Gallen eingetroffen war.
Beim von Josef Anton Feichtmayr geschnitzten Beichtstuhl handelt es sich um eine historisch wertvolle Anfertigung aus der Spätbarock-Zeit um das Jahr 1760. Die Versicherung bezifferte den Sachschaden, den das Feuer angerichtet hatte, auf 20'000 Franken.
Anzündflüssigkeit und Zündhölzer gekauft
Nachdem der Beschuldigte die Kathedrale verlassen hatte, kaufte er im Coop City am Bohl eine Flasche Anzündflüssigkeit und eine Schachtel Zündhölzer und kehrte an den Tatort zurück. Im abgesperrten Teil auf der Südseite hinterliess er am Nachmittag erneut in einem Beichtstuhl eine brennende Kerze. Dieses Mal setzte er sie auf den Fusstritt hinter dem Vorhang und übergoss sie mit dem Anzündmaterial. Die geöffnete Flasche mit der brennbaren Flüssigkeit liess er neben der Rechaudkerze zurück. Der Messmer entdeckte das Ganze zum Glück rechtzeitig und verhinderte ein Übergreifen der Flamme auf den Beichtstuhl.
Wenige Wochen später führten Ermittlungen der Kantonspolizei auf die Spur des Beschuldigten. Kurz vor der Brandstiftung hatte er seine Ehefrau angerufen und sie aufgefordert, auf ihr gemeinsames Konto Geld zu überweisen. Mache sie dies nicht, müsse jemand sterben und er könne für nichts garantieren. Er teilte ihr auch mit, er habe ein Messer gekauft.
Starker Alkoholkonsum und psychische Störung
Der Staatsanwalt klagte den Mann im abgekürzten Verfahren an. Er beantragte Schuldsprüche wegen mehrfacher versuchter Brandstiftung, Nötigung und Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes. Als Sanktion einigten sich die Parteien auf eine unbedingte Freiheitsstrafe von 15 Monaten und eine Busse von 300 Franken. Zudem sei eine stationäre Suchtbehandlung anzuordnen.
Der Beschuldigte befinde sich bereits seit November des letzten Jahres in einem Rehabilitationszentrum, erklärte der Staatsanwalt. Er zitierte aus einem forensisch-psychiatrischen Gutachten, welches festhält, dass der starke Alkoholkonsum und die komplexe psychische Störung des Beschuldigten im Zusammenhang mit den Straftaten stünden. Ohne Suchttherapie bestehe die Gefahr weiterer Brandstiftungen oder anderer destruktiver Akte. Die Taten seines Mandanten seien ein Ausdruck der Verzweiflung gewesen, betonte der Verteidiger. In der stationären Therapie gehe er seine Probleme motiviert an.
Therapieerfolg offensichtlich
Das Kreisgericht St.Gallen erhob die Anträge der Staatsanwaltschaft zum Urteil. Der Beschuldigte habe im Rehabilitationszentrum bereits sichtliche Fortschritte gemacht, betonte der vorsitzende Richter zum Entscheid.