Nachgefragt
In der Altstadt wurden in den vergangenen Jahren viele archäologische Fundstücke entdeckt. Wie die Reste des Multertors vor dem Globus (Ausgabe vom 8. März). Dass die Funstücke an gewissen Stellen auftauchen, ist keine Überraschung, denn die Stadt verfügt über eine reiche schriftliche Überlieferung. Trotzdem ist die archäologische Arbeit laut Stefan Sonderegger, Stadtarchivar der Ortsbürgergemeinde St. Gallen, wichtig. Denn so können Quellen verifiziert werden.
St. Gallen verfügt über viele historische Dokumente. Braucht es denn die archäologischen Befunde noch?
Ja. So können wir die Dokumente auf ihre Richtigkeit überprüfen. Es bestätigt uns, welchen Plan wir als Orientierungsmittel einsetzen können. Sie liefern aber auch zusätzliche Informationen.
Welche?
Ich nehme die kürzlich offengelegten Mauerreste des Multertors zum Beispiel. Wir wissen aus den historischen Dokumenten, wo das Tor ungefähr stand. Mit den neuen Erkenntnissen erfahren wir mehr über die Mauerdichte und andere bauliche Elemente, die aus Schriftquellen nicht zu erfahren sind.
Stimmen die historischen Pläne immer mit den archäologischen Befunden überein?
Nicht immer. So war zum Beispiel der Rundturm, den Archäologen auf dem Gallusplatz entdeckt haben, nicht auf dem Klosterplan eingezeichnet.
Kann es also sein, dass die Stadtgeschichte bald neu geschrieben werden muss?
Das nicht, denn wir verfügen über eine grosse Dichte an verlässlichen Quellen. Vor allem ab dem 13. Jahrhundert, weil wir ab dann über Verzeichnisse und Berichte von Händlern verfügen. Vorher gab es nur Dokumente vom Kloster.
Also bleibt Gallus der Gründer der Stadt?
Dafür lege ich meine Hand nicht ins Feuer. Denn von der Zeit vor Gallus gibt es keine schriftlichen Überlieferungen. Jedoch gibt es auch keine Gegenbeweise.
Was könnte die Stadtgeschichte denn in Frage stellen?
Archäologische Funde aus der Römerzeit, wie eine Villa. Dann müsste man wohl oder übel nochmals über die Bücher. (ren)