Durch den Tod von Paul Aegler hat der Textilverein seinen langjährigen Präsidenten verloren. In seinem Leben spiegeln sich die Schwierigkeiten der Textilindustrie.
Als Paul Aegler 1990 zum Präsidenten des Textilvereins gewählt wurde, war er schon lange nicht mehr in der Textilbranche tätig. Doch wer einmal mit der Welt der textilen Stoffe zu tun hatte, kommt nicht mehr leicht davon weg. Das Gewebe auf dem Webstuhl webt auch die zusammen, die daran arbeiten. Paul Aegler trat 1961 in den Verein ein und blieb ihm ein halbes Jahrhundert treu, bis zu seinem Tod.
Paul Aegler kam 1937 in Liestal zur Welt, in einem dramatischen Augenblick. Im gleichen Spital lag nämlich auch sein Vater, todkrank und von den Ärzten bereits aufgegeben. Möglich, dass die Geburt seines Sohnes ihn mit neuem Lebensmut stärkte; er kam wieder zu Kräften und lebte noch weitere dreissig Jahre.
Die Familie Paul Aeglers zog 1941 nach St. Gallen, wo er die Schulen besuchte und bei der Stickerei-Export-Firma Altoco eine Lehre absolvierte. Nach einem ersten Jahr bei Walter Schrank & Co. in St. Gallen kam er als Einkäufer zur VSK (heute Coop) in Basel. Bald schon zog es ihn wieder nach St. Gallen, erst in Textilunternehmen, dann zu Saurer, als Abteilungsleiter im Bereich Textilmaschinenbau. Schliesslich wechselte er in den Staatsdienst, zur Fremdenpolizei.
Die Rückkehr nach St. Gallen war auch Anlass, in den Textilverein einzutreten. Dieser war dem Landesverband Freier Schweizer Arbeiter angeschlossen, einem gewerkschaftlichen Zusammenschluss bürgerlich gesinnter Arbeiter. Als dieser mit der Syna zusammenging, löste sich der Textilverein heraus und blieb seither selbständig. Während all dieser schwierigen Jahre führte Paul Aegler als Präsident den Verein. Er musste mit ansehen, wie der Verein an Mitgliedern und Bedeutung verlor.
Umso wichtiger war es ihm, den Zusammenhalt unter den Gebliebenen zu stärken. Das 100-Jahr-Jubiläum wurde 1995 im «Ekkehard» besonders festlich begangen.
Noch eine andere 100-Jahr-Feier trug Paul Aeglers Stempel. Er war als Mitglied der Kirchenvorsteherschaft St. Gallen C Präsident des Kirchkreises St. Leonhard, als die 1887 erbaute Kirche ihre ersten hundert Jahre feiern konnte. In dieser war er einst auch konfirmiert worden.
Kurz vor seinem Tod hat Paul Aegler in einem Text die wichtigsten Stationen seines Lebens notiert. Dankbar denkt er zurück an das Gedeihen seiner Familie, an die Hochzeit mit Ursula Altherr und das Geschenk von fünf Kindern. Dann zieht er eine Bilanz, der es nichts zuzufügen gibt: «Ich habe es gut getroffen und bin allen dafür sehr dankbar.»