In der Stadt werden im nationalen Vergleich nur wenige Velos gestohlen und verhältnismässig viele Velodiebstähle aufgeklärt. Immerhin jedes zehnte gestohlene Velo taucht wieder auf. Auf Kantonsgebiet ist es nur jedes fünfzigste.
St.Gallen ist eine der sichersten Städte für Velobesitzer. Nur 3,5 Velos pro 1000 Einwohner wurden im vergangenen Jahr gestohlen, wie die aktuelle Kriminalstatistik zeigt (Ausgabe vom Freitag). In der Rangliste der gefährlichsten Schweizer Städte für Velohalter belegt St. Gallen damit den guten drittletzten Platz. Viel mehr Velos werden in Biel gestohlen (17,9 pro 1000 Einwohner), in Bern (13,7) und in Basel (13,6). In absoluten Zahlen ausgedrückt: Im Jahr 2015 wurden nach Auskunft der Kantonspolizei 260 Velodiebstähle in der Stadt gemeldet. Das sind weniger als im Vorjahr, als 320 Velos geklaut wurden. Damit liegt die Stadt im kantonalen Trend. Denn auch im ganzen St.Galler Kantonsgebiet ist die Zahl der Velodiebstähle von 2014 auf 2015 um 13 Prozent gesunken.
Zudem werden in der Stadt verhältnismässig viele gestohlene Velos wieder gefunden. In den vergangenen zwei Jahren tauchte jedes zehnte wieder auf. Zum Vergleich: Schweizweit ist die Aufklärungsquote mit 2,3 Prozent sehr tief, und auch auf Kantonsgebiet wird nur jedes 50. gestohlene Velo wieder gefunden – im Jahr 2014 war es sogar nur jedes 100. Die kantonale und städtische Kriminalstatistik bestätigt also, dass St.Galler Velos vor Dieben relativ sicher sind.
Kein Wunder, bezeichnet auch Thomas Walter, Präsident von Pro Velo St. Gallen und Region, die Velodiebstähle als «kein prioritäres Thema». Bis jetzt stünden sie in seinem Verein, der sich fürs Velofahren stark macht, nicht auf der Traktandenliste. Es gebe in der Stadt wichtigere Velo-Anliegen: Die sogenannte Velobahn St.Gallen zum Beispiel, eine hindernisfreie Verbindung von Osten nach Westen. Aber auch die Umsetzung weiterer Massnahmen, die im Agglomerationsprogramm für Velofahrer vorgesehen sind.
Dennoch sieht Walter bei der Sicherheit noch Verbesserungspotenzial: «Sichere Veloparkplätze sind in der Innenstadt Mangelware.» Nicht überall könne man sein Velo so gut anketten wie beispielsweise bei der Poststelle am Marktplatz.
Dass in der Stadt relativ wenige Velos gestohlen werden, könnte auch einen anderen, simpleren Grund haben. Nämlich dass es in St.Gallen schlicht nur wenige Velos gibt. Thomas Walter von Pro Velo widerspricht dieser These: «Spätestens seit dem Boom der E-Bikes ist das Velofahren auch in St.Gallen attraktiv geworden.» Mit dem elektronisch unterstützten Antrieb seien die Hügel der Stadt keine grossen Hindernisse mehr.
Velos werden oft spontan gestohlen und nach Gebrauch einfach stehen gelassen. Zum Beispiel von angeheiterten Nachtschwärmern, die nicht zu Fuss nach Hause gehen möchten und sich deshalb ein Velo «ausleihen». «Vielen Dieben geht es gar nicht darum, ein Velo zu besitzen», sagt Gian Andrea Rezzoli, Mediensprecher der St.Galler Kantonspolizei.
Manche Velodiebe sind aber sehr wohl auf Beute aus und gehen gezielt vor. Das zeigt der Fall einer St. Gallerin aus dem Feldli, deren E-Bike an einem Morgen im vergangenen Januar gestohlen wurde. Noch am selben Tag erhielt sie einen Anruf von der Polizei. Bei einer Verkehrskontrolle hatten Polizisten zwei Ungarn aufgegriffen, die mehrere hochwertige Velos transportierten. Wie sich herausstellte, waren alle gestohlen.
So erhielt die St. Gallerin ihr E-Bike schnell wieder zurück. «Die Verkehrskontrolle war ein grosser Zufall. Sonst hätte ich mein Velo wohl nie wieder gesehen.»