Stationen einer Pioniergeschichte

Im Januar 2008 findet die erste Medienorientierung zum Glasfasernetz statt. Ein Jahr später sagen die Stadtsanktgaller Ja zu seinem Bau.

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Vor ziemlich genau drei Jahren stellte der St. Galler Stadtrat Fredy Brunner einer Handvoll Medienschaffender ein Projekt mit dem sperrigen Titel «Fiber to the home» vor. Es dauerte eine Weile, bis man realisierte, dass hier ein Pionierprojekt in Angriff genommen wurde: die Ablösung des guten alten Kupferkabels durch ein ultraschnelles Lichtnetz.

Swisscom wollte eigenes Netz

Die Details der trockenen Materie aber interessieren allenfalls technisch Versierte – der Normalbürger will einfach wissen, wann er zu welchem Preis die neue Datenautobahn im Haus hat. Dass es sich aber nicht nur um Technik handelte, merkte man, weil Fredy Brunner jeweils auch von «Wettbewerb» sprach.

Und dass sich hier ein hartumkämpfter Markt der Zukunft am Horizont zeigte, wurde bewusst, als die Swisscom ein paar Monate vor der Abstimmung über das Glasfasernetz im Februar 2009 den Bau eines eigenen Netzes in St. Gallen ankündigte.

Gleichzeitig hörte man von Problemen aus Zürich. Aber auch, dass sich verschiedene Schweizer Städte zu einem Städteverbund in Sachen Glasfaser zusammenschliessen würden. Damit, so hoffte man, würde man der Swisscom Paroli bieten können.

Schloter und Brunner: Happy

Die Stadtsanktgaller stimmten am 8. Februar 2009 mit über 80 Prozent Ja-Anteil einem Kredit über 78 Millionen Franken für den Bau eines städtischen Glasfasernetzes zu. Damit gab es einen Volksauftrag – aber die Frage blieb: Was macht die Swisscom? Der Bau zweier Netze und damit Verhältnisse wie bei den Mobiltelefon-Antennen wäre ein volkswirtschaftlicher Unsinn, das leuchtete allen ein. Also wurde verhandelt.

Swisscom stoppte die Anwerbung von Kunden, und die Türen zu den Verhandlungstischen waren geschlossen. Dann, am 1. September 2009 die frohe Botschaft: Swisscom-Chef Carsten Schloter und Stadtrat Fredy Brunner verkündigten, dass man sich geeinigt habe. Details zum Vertrag, insbesondere finanzielle Beträge, wollte man nicht bekanntgeben. Klar war aber: Die Swisscom baut nicht, die Stadt baut. Aber die Swisscom kann bis zu zwei der vier Glasfasern langfristig mieten.

Im Rückblick stellte sich heraus, dass dieser der entscheidende Schritt gewesen sein dürfte: Dass man eine Einigung über den Standard Vierfasernmodell gefunden hat. Damit konnte die Forderung der Swisscom, die Hoheit über eine oder mehrere Fasern zu haben, erfüllt werden.

Zehn Prozent Anschlüsse erstellt

Seither wird gebaut und gebaut. Die Stadtwerke wollen bis 2018 schrittweise 40 000 Haushalte anschliessen, dazu 5000 KMU. Per Ende 2010 sind bereits zehn Prozent der Anschlüsse erstellt, bis Ende 2012 sollen es 8000 sein.

Zugleich hat die Stadt bereits Verträge mit sieben Anbietern, welche Kunde auf den Fasern der Stadt sind, abgeschlossen.

Nahezu eine makellose Erfolgsgeschichte also. Wären da nicht ein paar gehässige Debatten im St. Galler Stadtparlament, als in Vorstössen nach den Modalitäten des Vertrags mit der Swisscom gefragt wurde. Und natürlich hörte man in St. Gallen auch von den Glasfaser-Schwierigkeiten in anderen Städten.

Mit dem aktuellen Kapitel, der Überprüfung des Vertrags durch die Weko, ist zweierlei spürbar: Es geht offensichtlich bei den Glasfasernetzen um sehr viel – und man ist auch in St. Gallen etwas nervös. (kl)