Sparen, bis es hellrot wird

St. Gallen habe weder dick aufgetragen noch geprasst, betont die Regierung. Dennoch drohen dem Kanton in den kommenden Jahren hohe Defizite. Mit 54 Massnahmen will sie diesem «strukturellen Defizit» begegnen.

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Verzicht- und unverzichtbar: Die geplante Grossbibliothek in der Hauptpost wird ad acta gelegt, ganz im Gegensatz zu den Ausbauvorhaben fürs Kantonsspital St. Gallen.

Verzicht- und unverzichtbar: Die geplante Grossbibliothek in der Hauptpost wird ad acta gelegt, ganz im Gegensatz zu den Ausbauvorhaben fürs Kantonsspital St. Gallen.

St. Gallen galt über Jahre als Vorzeigekanton, wenn es um die Finanzpolitik ging. Doch nun gerät er ins Schlingern - wenn auch nicht gar so stark, wie es noch vor einem Jahr den Anschein machte. Von 180 Millionen war die Rede, als die Regierung die Verzichtsplanung skizzierte. Ganz so düster sieht es heute nicht mehr aus. 100 Millionen Franken jährlich sollen es ab 2014 sein - dann, wenn die 54 Massnahmen zur Entlastung des Staatshaushalts vollumfänglich greifen werden.

Hat der Kanton das seriöse Haushalten verlernt? Hat er geprasst - und muss nun dafür büssen?

Mehr Aufgaben des Bundes

«Die Schere zwischen Aufwand und Ertrag geht in den Jahren 2012 bis 2014 immer mehr auf», sagt Finanzchef Martin Gehrer. Er nennt zwei Gründe für das Auseinanderklaffen: Die Steuerentlastungen, welche der Kanton beschlossen hatte und welche sei 2007 zum Tragen kommen; daraus fliessen jährlich 460 Millionen weniger in die Staatskasse. Zweitens liegt das Ausgabenwachstum des Kantons «über dem Wachstum des Volkseinkommens», so Gehrer.

Gibt der Kanton also zu leichtfertig Geld aus? Der Finanzchef verneint. «Der Grund für die höheren Auslagen sind im wesentlichen neue Aufgaben, die wir vom Bund übernehmen mussten.» 35 Millionen mehr für die neue Pflegefinanzierung, 66 Millionen mehr für die neue Spitalfinanzierung. Gehrers Aufzählung ist damit nicht abgeschlossen - doch: «Ich will nicht jammern.»

Die Prognose ist denn auch düster: Gibt der Kanton kein Gegensteuer, resultieren in den Jahren 2012 bis 2014 Defizite zwischen 257 und 320 Millionen Franken. Da reicht auch das freie Eigenkapital von derzeit rund 645 Millionen nicht weit - es wäre rasch aufgebraucht.

So weit will es der Finanzchef nicht kommen lassen: «Der Kanton muss handlungsfähig bleiben» - und daher das Abschmelzen des freien Eigenkapitals gebremst und das Defizit reduziert werden.

Die Regierung hat sich auf 54 Massnahmen geeinigt, die den Staatshaushalt in den kommenden Jahren entlasten sollen. Dennoch schmilzt das Eigenkapital bis 2014 auf 100 Millionen Franken - «ein notwendiger Spielraum», sagt Gehrer.

Es bleibt ein Defizit

Zahlreiche Massnahmen betreffen die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden; letztere werden stärker zur Kasse gebeten. «Sie sind wenig begeistert», sagt Gehrer unumwunden, «wir haben keine absolute Einigung erzielt.

Das war auch nicht zu erwarten.» Ebenso klar ist für den Finanzchef: «Die Auswirkungen auf die Gemeinden sind sachlich gerechtfertigt.»

Im kommenden Februar wird der Massnahmenkatalog dem Kantonsparlament vorgelegt. Selbst wenn dieses alle Massnahmen umsetzt, auf weitere Steuergesetzrevisionen verzichtet und 2013 den Staatssteuerfuss um 8 Prozentpunkte auf neu 103 anhebt - selbst dann verbleibt gemäss Finanz- und Aufgabenplan 2014 ein Defizit von 60 Millionen Franken. Doppelt so viel, wie nach Finanzhaushaltsgesetz zulässig sind.

Wie der Kanton dieses Manko korrigieren will, bleibt vorerst offen. Gewisse Hoffnungen setzt Martin Gehrer auf die Konjunktur, sprich auf höhere Steuererträge. Die Marke «St. Gallen kann es» allein wird es jedenfalls nicht richten können. Denn auch dort wird gespart. Regula Weik

Bild: Hannes Thalmann/Hanspeter Schiess

Bild: Hannes Thalmann/Hanspeter Schiess