Klang berührt Menschen. Ihnen möchte der Stefan Philippi an der Arbonale eine Klangwelt erschliessen. Im Herbst organisiert er das erste Klang-Skulpturen-Festival im Seepark-Areal.
Die Arbonale löst das von Ihnen mitbegründete Kunstereignis H2Art ab. Warum verschwindet diese von der Arboner Bucht und aus dem Kulturprogramm?
Stefan Philippi: Sie erforderte viel Technik. Der Aufwand war gross. Es gab auch Probleme. So machte sich der überdimensionierte Stöpsel bei Wellengang selbständig. Ein wichtiges Handicap ist die Distanz zum Publikum. Bei Klangobjekten ist das anders.
Im Herbst begründen Sie die Arbonale – eine Klangwelt im Seepark, einen Monat lang. Sie beschränken sich also auf ein Thema. Weshalb?
Philippi: Klang ist mein ureigenes Thema. Klänge faszinieren, verzaubern. Vier Jahre habe ich in der Kirche Heiligkreuz in St. Gallen die «Klangzeit» gemacht: eine Dauerinstallation von 17 Klangskulpturen; habe ein Klangzeitorchester gegründet mit Musikern und Künstlern, welche die Objekte konzertant bespielt haben. Es ist nicht damit getan, die Installationen hinzustellen. Man soll sie zum Klingen bringen. Sie ziehen ebenso die Besucher an und laden zum Spielen ein.
Jetzt verlassen Sie den Kirchenraum und übertragen das Konzept auf die Allmend am See?
Philippi: Ja, diese Erfahrungen will ich mitnehmen für die erste Arbonale. Auch im Seepark stehen die Skulpturen nicht für sich; Künstler und Musiker bespielen sie. Tänzerinnen machen mit einer Performance ihre eigene Musik, indem sie Pendel zum Schwingen bringen. Ebenso sind Besucher eingeladen, selber Klangerfahrungen zu machen.
Wie entstehen diese Klänge?
Philippi: Es gibt keinen Klang ohne Bewegung. Beim Klavier gleiten die Hände über die Tasten. Oder bei der Geige muss der Bogen gestrichen werden. Das ist auch bei den Klangskulpturen so – je grösser die Objekte, je grösser die Bewegungen. Man gibt sich quasi hinein – es geht von selbst in Richtung Tanz. Ich achte darauf, dass möglichst viele Bereiche des Klangs abgedeckt werden. Ein paar Installationen werden speziell die Kinder ansprechen. Es gibt eine spezielle Kugelbahn aus Stein. Durch Wippen entstehen Klänge.
Ein Blick in Ihr Atelier zeigt: Sie sprühen vor Experimentierlust. Kippt oder schüttelt man diesen Holzkörper, tönt es wie das Glockengeläute im einem Tessiner Tal.
Philippi: Ja, in diesem Resonanzkörper hat es Metallstäbe und einen pendelnden Tennisball. Man kann es auch in einem Abwasserrohr vom Baumarkt mit Messingstäben erzeugen. Wir haben eine unendliche Fülle an Material und Abfällen zur Verfügung, um Klänge zu erzeugen und diese zu verfeinern. Eine Weiterentwicklung sind die Benzinfässer, die ich auf Stahlfedern setze. Ein Pendel schwingt durch die Bewegung zwischen Stahlstangen. Diese Fässer wird an der Arbonale der bekannte Perkussionist Heinz Lieb mit einem Ensemble bespielen.
Haben Sie eine klare Vorstellung vom Ergebnis, wenn Sie eine neue Skulptur schlossern oder zimmern?
Philippi: Was herauskommt, weiss man nie genau. Ich suche und experimentiere. Ich arbeite am Klang. Ein Holz muss je nachdem dünner oder breiter sein. Dann gibt es vielleicht den Klang, den ich mir vorstelle. Ich mache aber immer wieder neue, auch überraschende Erfahrungen. Oder muss eingestehen: So geht es nicht.
Woher hat Sie der Weg zur Klangkunst geführt?
Philippi: Von Haus aus bin ich, im Saarland aufgewachsen, gelernter Schreiner. Als Jugendlicher hatte ich schon Trommeln gebaut. Ich machte dann verschiedene Ausbildungen, im Instrumentenbau, im musikpädagogischen Bereich, stellte Instrumente zu therapeutischen Zwecken her wie dieser Klangstuhl, wo man draufsitzt und am Rückenteil Saiten bespielt werden. Ich bin besessen, Möglichkeiten der Klangerzeugung in allen Dimensionen auszuloten. Das hat sich zu einer Kunst entwickelt.
Die Erfahrung, auf diesem Stuhl zu sitzen und den eigenen Körper als Klangkörper wahrzunehmen, fasziniert. Was bedeutet Ihnen die künstlerische Arbeit mit Klängen?
Philippi: Der Zustand, Klänge zu erzeugen, wahrzunehmen, zu spielen, ohne an etwas zu denken, ist wunderbar und befreiend. Man muss kein Virtuose sein, um Klänge hervorzubringen. Jedem kann man diese Welt der Sinneserfahrung zugänglich machen. Niemand blamiert sich, wenn er auf dem Edxylophon herumhüpft, auf Hohlhölzern über einem Teich, oder Klangschalen anschlägt.
Arbonale, 14. September bis 20. Oktober, Seepark-Areal. Interaktives Klang-Skulpturenfestival mit verschiedenen Künstlern.