Im letzten September entdeckten Fischer im Gübsensee eine Chinesische Weichschildkröte. Jetzt wurde sie gefunden und in fachkundige Hände übergeben. Experten hoffen, dass es das einzige ausgesetzte Exemplar war.
Fast acht Monate lang hat sich die Chinesische Weichschildkröte nicht erwischen lassen. Jetzt ist sie aber eingefangen worden. «Ein reiner Zufall», sagt der Sachverständige Hermann Koller.
Im September des vergangenen Jahres wurde die Chinesische Weichschildkröte zum ersten Mal im Gübsensee gesichtet. Spaziergänger hatten das seltsam anmutende Tier gesehen, es aufgehoben und fotografiert. Die Aufnahmen zeigten sie dem Schildkröten-Sachverständigen Hermann Koller. Sofort erkannte er, um welches Tier es sich handelte, und dass der Exot im Gübsensee nichts zu suchen hatte. Doch das Tier war längst wieder verschwunden. Die Spaziergänger hatten es gutgemeint und die Schildkröte kurz nach der Aufnahme wieder in die Natur entlassen.
Jetzt ist sie aber beim Entfernen des Schlicks aus dem See zum Vorschein gekommen. Der Tierschutz der Stadtpolizei hat sie schliesslich geborgen und der Schildkröten-Interessengemeinschaft Schweiz übergeben. Und diese steht bei solchen Fällen jeweils vor dem wiederkehrenden Problem: Wohin damit?
Mit dem Schildkröten-Sachverständigen Hermann Koller haben sie einen Abnehmer für das exotische Tier gefunden. Zu Hause in Amriswil hat Koller beinahe einen kleinen Privatzoo. Angefangen hat es, als seine Frau vor bald 30 Jahren Schildkröten in die Ehe mitbrachte. Begeistert sei er davon nicht gewesen, mittlerweile ist er den Tieren aber verfallen und ein profunder Kenner von Schildkröten geworden. Bei Exoten wird er zu Rate gezogen.
Der Exot aus dem Gübsensee wohnt jetzt im ausladenden Garten der Kollers. Zusammen mit allerhand anderen fremdartigen Tieren. Für Koller ist der Fund der Schildkröte ein grosser Zufall. Im Wasser seien die Chinesischen Weichschildkröten nicht nur extrem wendig, sie seien auch gerissen. Koller glaubt sogar, dass Schildkröten so etwas wie einen siebten Sinn haben: «Sie wissen besser als andere Tiere, wie sie sich verstecken sollen, und ahnen, woher die Gefahr kommt.» Richtig gefährlich seien die Tiere für Menschen zwar nicht, aber sie «beissen wie ein Teufel».
Für Franz Blöchlinger vom Naturschutzverein St. Gallen war die Nachricht vom Schildkrötenfund eine Erleichterung. Denn Exoten gehörten nicht in die hiesige Natur. Wenn sie sich vermehren, ohne natürliche Feinde zu haben, können sie einheimische Arten verdrängen. Und eine Fortpflanzung der Schildkröte sei nicht auszuschliessen gewesen. «Vielleicht wurden ja zwei Tiere ausgesetzt.»
Dass das Tier ausgesetzt wurde, davon ist Blöchlinger überzeugt. Andernfalls hätte sich ein Halter gemeldet. Das Aussetzen von Tieren ist aber verboten und wird bestraft. «Einige hundert bis tausend Franken kann die Busse betragen.» Dafür müsste allerdings der Halter ausfindig gemacht werden. Jetzt werde das aber kaum mehr möglich sein.