REIZFIGUR: Streit um Ganser: Kritik an HSG wächst

Das Engagement des umstrittenen Historikers Daniele Ganser an der HSG sorgt weiterhin für Wirbel. An den Universitäten von Bern und Basel wird Kritik an der HSG laut.

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Eine schillernde Figur, aber hoch umstritten: Daniele Ganser. (Bild: pd)

Eine schillernde Figur, aber hoch umstritten: Daniele Ganser. (Bild: pd)

"An der ETH Zürich, an der Uni Zürich und an der Uni Basel wurde Ganser fallengelassen oder ihm die Forschungs- und Lehrtätigkeit entzogen. Dass er weiterhin in St.Gallen dozieren kann, wirft ein schlechtes Licht auf die dortige Uni und schadet ihrem Ruf." Das sagt Hugo Stamm, Fachjournalist für Verschwörungstheorien, gegenüber dem Online-Portal der "Aargauer Zeitung". Der Artikel dreht sich um das Engagement des umstrittenen Historikers Daniele Ganser an der Universität St.Gallen (HSG).


Als Verschwörungstheoretiker bezeichnet

In der "Ostschweiz am Sonntag" hatte Rolf Wüstenhagen, Professor für Management erneuerbarer Energien, Daniele Gansers Engagement kürzlich verteidigt. Ganser ist an der HSG seit 2012 "Lehrbeauftragter für Reflexionskompetenz" und hält einen Kurs zur "Geschichte und Zukunft von Energiesystemen". Ganser geriet in den letzten Jahren wegen umstrittener Theorien zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 massiv in die Kritik. Dies unter anderem deshalb, weil er es für nach wie vor ungeklärt hält, ob ein Feuer oder eine Sprengung zum Einsturz des dritten Gebäudes WTC7 geführt habe. Deshalb wird Ganser von Kritikern als Verschwörungstheoretiker bezeichnet.

HSG-Professor Rolf Wüstenhagen verteidigte das Engagement Gansers in St.Gallen unter anderem mit den Worten, die Uni sei dazu da, eine Vielfalt von Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Wer Ganser einfach als Verschwörungstheoretiker abstemple, mache es sich zu einfach, zumal Ganser Fragen stelle, die andere nicht stellten. Fragen zum 11. September seien darüber hinaus nicht Gegenstand des Unterrichts.

"Weder bestätigen noch ausschliessen"

Auf dem Online-Portal der "Aargauer Zeitung" findet auch Antonio Loprieno, Universitätsrat der Uni Zürich und Forscher an der Uni Basel, kritische Worte für die Haltung der HSG. "Die Auseinandersetzung mit kontroversen Themen sollte meines Erachtens stets - zumal in unserer Zeit der gefährlichen Toleranz gegenüber dem 'Postfaktischen' - im Geiste der Aufklärung erfolgen. Diesen Geist vermag ich in Dr. Gansers Thesen nicht zu erkennen", so Loprieno, der früher als Rektor der Uni Basel Gansers Chef war.

Auch Christian Rohr, geschäftsführender Direktor des Historischen Instituts der Universität Bern, äussert sich dezidiert zu Daniele Gansers Engagement in St.Gallen. Er würde Ganser keinen Lehrauftrag erteilen, auch wenn die Themen von Gansers Lehrveranstaltung vordergründig nichts mit den von ihm unterfütterten Verschwörungstheorien zu tun hätten. "Ob Herr Ganser in seiner Lehre tatsächlich immer unabhängig von seiner 9/11-Theorie unterrichtet, kann man weder sicher bestätigen noch ausschliessen", lässt sich Rohr zitieren. Er stimmt HSG-Professor Rolf Wüstenhagen insofern zu, als dass Unis offene Denkplätze sein sollten. Man müsse sich allerdings schon fragen, ob diese Denkplätze auch verschwörungstheoretischen Thesen offenstehen sollten, die anderen als Legitimation für radikales Gedankengut dienten und schnell eine unkontrollierte Eigendynamik erhalten könnten. Des Weiteren befürchtet Christian Rohr, dass man Ganser mit der Lehrbeauftragung eine Anerkennung gewähre, die in der öffentlichen Wahrnehmung auch den von ihm vertretenen Theorien zugeschrieben werde. (dwa)