Das ehemalige Kino Corso wird ab Frühling 2019 zu Büros umgebaut. Nächste Woche findet ein Räumungsverkauf statt. Sessel, Technik, Kasse und anderes werden verkauft. Auch in der früheren Pizzeria Boccalino nebenan heisst's: Alles muss raus.
Luca Ghiselli
In zehn Tagen steht ein Stück Stadtgeschichte zum Verkauf. Das Kino Corso ist schon länger kein Kino mehr. Und das Restaurant Boccalino steht auch schon seit 2012 leer. Doch bevor der grosse Umbau des Hauses (siehe Zweittext) losgehen kann, muss alles raus. Damit das Kinoinventar aber nicht einfach in einer Mulde landet, hat sich die Eigentümerin der Liegenschaft, die Senn Resources AG, etwas einfallen lassen. Am 15. und 16. September veranstaltet sie im ehemaligen Kino an der Brühlgasse 37 einen Räumungsverkauf.
Was es da zu kaufen gibt, dürfte nicht nur Kinofans und Nostalgiker begeistern. Neben den fürs «Corso» so charakteristischen magentafarbenen Kinosesseln stehen unter anderem Technikmaterial von hinter den Kulissen, eine Kasse, der Filmvorhang, die Garderobe und das Sofa aus dem Foyer zum Verkauf. Aus dem Inventar des «Boccalino» sind Küchengeräte, ein Salatbuffet, Gartenmöbel, Gläser und Geschirr zu verkaufen. Auch eine Aufschnittmaschine kann man erwerben, und die alte Leuchtreklame der ehemaligen Pizzeria ist ebenfalls zu haben, wie der Veranstaltungsankündigung zu entnehmen ist.
Das Interesse am Räumungsverkauf ist riesig. Die Facebook-Veranstaltung hat bis gestern Abend über 500 Interessierte auf den Plan gerufen, einige davon haben sich bereits ihre Sessel oder andere Objekte der Begierde über das soziale Netzwerk reservieren lassen. «Wir werden mit Anfragen überrannt», sagt Iso Senn, Verwaltungsrat der Senn Resources AG. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche die Liegenschaft verwalten, würden den Verkauf auch organisieren. «Es kommen fast täglich neue Anfragen. Denn das sind Gegenstände, die eine Geschichte haben», sagt Senn.
Es sei wie bei der Stilllegung eines Sessellifts oder eines Fussballstadions: Viele wollen ein Relikt mit nach Hause nehmen. Im Gegensatz zum letzten Heimspiel im Espenmoos oder im Hardturm, als Fans unter anderem den Elfmeterpunkt oder die Eckfahne mitgehen liessen, läuft im «Corso» aber alles ganz geordnet ab. Es gebe solche, die aus ideellen Gründen Interesse am Kinoinventar hätten. «Sie wollen zum Beispiel die Technik, Lautsprecher und Ähnliches retten», sagt Senn. Vieles, das zum Verkauf stehe, habe aber auch einen praktischen Nutzen. Unabhängig von den Kaufmotiven: Wichtig sei, dass möglichst vieles, das jetzt noch im alten Kinosaal oder im Restaurant steht, wegkomme. Es sei aber beileibe nicht das Ziel, mit dem Verkauf viel Geld zu verdienen. «Für uns wäre das Schlimmste, wenn wir die Sachen einfach wegwerfen müssten», sagt Senn. Damit wäre niemandem gedient, auch deshalb seien die Preise moderat. Die alte Kolbenkaffeemaschine aus dem «Boccalino» gibt’s für 450 Franken, Spaghetti-Stühle aus Leder für 80 Franken pro Stück und Tische je nach Grösse für 20 bis 30 Franken. Ein Kinosessel kostet 150 Franken.
Auch für einen wie Iso Senn, der seit über 50 Jahren mit Bauen zu tun hat, ist so ein Räumungsverkauf nichts Alltägliches. «Das ist, soweit ich mich erinnern kann, erst unsere zweite Aktion dieser Art.» Die erste geht in die 1960er-Jahre zurück. Damals schloss in einer seiner Liegenschaften im Berner Länggass-Quartier eine alteingesessene Bäckerei. «Das war eines der ersten Häuser, die mein Bruder und ich erwarben», erinnert sich Iso Senn. Vom Backblech über den Ofen bis zu Backformen ging beim Räumungsverkauf seinerzeit restlos alles über den Ladentisch. Ist das Interesse in den sozialen Medien ein Gradmesser, darf man davon ausgehen, dass es im alten «Corso» übernächstes Wochenende nicht anders aussehen wird.
Räumungsverkauf «Corso» Fr, 15.9., 16.00 bis 18.00 Sa, 16.9., 8.00 bis 13.00