Piraten wollen Parlament entern

Am 23. September werden in St. Gallen und in Gossau die Stadtparlamente neu bestellt. Erstmals in ihrer noch jungen Geschichte und erstmals auf kommunaler Ebene tritt auch die St. Galler Piratenpartei zu diesen Wahlen an.

Reto Voneschen
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Plakate der Piratenpartei an einem Infostand vor den Kantonsratswahlen vom letzten März. (Archivbild: Reto Voneschen)

Plakate der Piratenpartei an einem Infostand vor den Kantonsratswahlen vom letzten März. (Archivbild: Reto Voneschen)

Sie sind jung, engagiert und basisdemokratisch. Im Vergleich zu etablierten Parteien sind sie aber auch leicht chaotisch. Genau wie bei etablierten Parteien können Diskussionen bei ihnen etwas ausführlich werden. In Sachen Informatik sind sie auf dem neusten Stand. So werden Beschlüsse laufend per Twitter der ganzen Welt mitgeteilt. Ihr Lieblingsgetränk ist Eistee. Und Frauen sind in ihrer Runde Mangelware: Die Piratenpartei des Kantons St. Gallen und beider Appenzell hat am Montagabend im Restaurant Dufour beim St. Galler Hauptbahnhof getagt. Wichtigstes Traktandum waren die Nominationen für die Gemeindewahlen vom Herbst. Alles in allem treten die Piraten in vier Gemeinden mit insgesamt zehn Kandidaten an (siehe Kasten).

Eine junge Bewegung

Für Stadt, Region und Kanton St. Gallen ist die Piratenpartei ein sehr junges Phänomen. Gegründet wurde die kantonale Sektion erst im November 2011. Erstmals zu Wahlen angetreten sind ihre Kandidaten im März dieses Jahres. Und bei den Kantonsratswahlen schlugen sie sich im Wahlkreis St. Gallen-Gossau nicht einmal schlecht: Sie kamen auf Anhieb mit einer Siebnerliste (bei dreissig zu vergebenden Mandaten) auf einen Stimmenanteil von 1,3 Prozent. Was allerdings umgelegt auf die Stadtparlamentswahlen auch heisst, dass die Piraten im Wahlkampf in St. Gallen und Gossau ziemlich Gas geben müssen, wenn sie im Herbst den Sprung in die lokalen Parlamente schaffen wollen: In der Stadt St. Gallen ist dafür ein Stimmenanteil von knapp 1,6 Prozent, in Gossau ein solcher von 3,3 Prozent nötig. Hauptproblem der Piratenpartei, das wurde an der von elf Personen besuchten Nominationsversammlung vom Montag in St. Gallen klar, ist die dünne Personaldecke. Sie ist zwar typisch für eine junge Partei, erschwert aber auch Wahlerfolge – weil die Listen zwangsläufig weniger Kandidaten umfassen, die Stimmen einsammeln können. Eine prominente Figur, eine «Wahllokomotive», die das fehlende Personal wettmachen könnte, gibt es in den Reihen der St. Galler und Gossauer Piraten bisher auch noch nicht.

«Digitale Generation» vertreten

Ein Trumpf der Piratenpartei bei Erst- und Jungwählern ist aber ihr Programm. Die Piraten wollen die Interessen der «digitalen Generation» in die Politik tragen. Ihre Ziele umfassen die Förderung des freien Zugangs zu Wissen und Kultur, die Stärkung der Bürgerrechte und der Privatsphäre, einen transparenten Staat und die Bekämpfung von Medienverboten und Zensur.

Im Links-rechts-Schema lassen sich die Piraten bisher schwer einordnen. Ihre Kandidaten für die Stadtparlamente äusserten sich bei der Nomination auch dazu: Dreien wäre nach einer allfälligen Wahl in St. Gallen oder Gossau die SP als Fraktionspartner am liebsten. Drei weitere tendieren zu Links-Grün oder nach links. Einer sähe die Grünliberalen als Partner, einer die FDP.