Eishockey ist neben Fussball die populärste Mannschaftssportart in der Schweiz. In St. Gallen vermochte sich der heisse Kampf auf hartem Eis aber nie richtig durchzusetzen. Der EHC spielt in der 2. Liga und ist nicht viel weiter als vor 50 Jahren.
In manchen Schweizer Städten buhlen sowohl der Fussball als auch das Eishockey um die Gunst des Publikums: in Zürich, Bern, Genf und Lugano. Selbst im fussballnärrischen Basel war der Eishockey-Club schon in der Nationalliga A zu Gast. In den neun Fussballstädten der Super League sind einzig Thun und Sion von der Eishockey-Konkurrenz verschont geblieben.
Und St. Gallen. Dabei wäre die Gallusstadt klimatisch prädestiniert für den Sport mit Puck und Krummstock. Als 1961 mit dem Freundschaftsspiel SC Bern gegen EHC Visp die Kunsteisbahn Lerchenfeld eingeweiht wurde, schien das Feld gar nicht so schlecht bestellt. Die Tribünenkonstruktion war zwar leicht missraten, weil von den Sitzplätzen aus ein Teil der Eisfläche nicht einsehbar war. Aber die Ansprüche an den Stadionkomfort waren noch nicht so gross wie heute.
Das Problem: Der EHC St. Gallen spielte bloss in der 3. Liga und schaute neidisch auf den SC Herisau, der als 1.-Liga-Verein (dritthöchste Liga) auf dem Lerchenfeld Gastrecht genoss. Die Hoffnung, dass die St. Galler wenigstens bald eine Stufe höher klettern könnten, zerschlug sich: Bonaduz war in den Aufstiegsspielen stärker. St. Gallen fristete in diesem Sport ein Eisblümchendasein, obwohl der Fussball mit dem FC und dem SC Brühl bestenfalls zweitklassig war.
«Es fehlten Initiatoren, welche das Eishockey in Schwung gebracht hätten», sagt Jakob Egli, von 1973 bis 1993 Leiter des städtischen Sportamtes. Lange hätten junge Leute bloss auf Natureis neben der heutigen Empa oder auf Drei Weieren Eishockey gespielt. Vor allem hat nach Eglis Auffassung zu lange eine Eishalle gefehlt. Zudem sei mit Fussball und Handball der Bedarf schon weitgehend gedeckt gewesen.
Der EHC St. Gallen ist heute nicht viel weiter als damals. Statt Bonaduz heissen die Gegner nun Prättigau, Lenzerheide oder Wallisellen. An einer bewegten Eishockeygeschichte fehlte es trotzdem nicht, wobei oft interne Uneinigkeit das Fortkommen erschwerte. Mit der Gründung des EHC Vorwärts Bruggen 1992 kam aber so etwas wie Begeisterung auf. Dabei wollte Initiant Werner Haltiner nur eine Plauschmannschaft in die Meisterschaft schicken. Doch der neue Verein stieg in drei Jahren von der 4. in die 1. Liga auf, mit Unterstützung einiger ehemaliger Cracks aus NLA und NLB wie Ivan Griga oder Nikolai Narishkin, einem sowjetischen Junioreninternationalen, der aus der russischen Armee desertierte und heute in St. Gallen Badmeister ist. Vorwärts Bruggen blieb drei Jahre lang unbesiegt, was im Eishockey weltweit unerreichte Bestleistung sein soll.
Viel Herzblut für das lokale Eishockey hat über viele Jahre auch Ronald Pedergnana vergossen. Als Spieler, Trainer und Präsident war er sowohl für den EHC als auch den inzwischen aufgelösten EHC Vorwärts Bruggen tätig. Für ihn könnte in St. Gallen sogar ein Nationalliga-A-Team eine Existenz haben. Er wüsste auch wo: Im Gründenmoos könnte neben dem Reiterstadion eine Eishalle gebaut werden. «Das bedingte ein paar finanzkräftige Persönlichkeiten, die Freude hätten an diesem Sport», sagt Pedergnana. «Von der öffentlichen Hand ist hingegen nicht viel zu erwarten, wie das Beispiel des FC St. Gallen zeigt.»
Pedergnana ist überzeugt, dass Interesse vorhanden wäre: Eishockey habe in der Region Tradition. In Herisau, in Uzwil, im Rheintal und im Thurgau würde es nicht an Publikum fehlen. Dagegen habe es im grösseren Umfeld des Oberen Zürichsees mit Rapperswil, Zug, Kloten und den ZSC Lions zu viele A-Teams auf engem Raum. Für ihn müsste die Arbeit in der Ostschweiz aber im kleinen beginnen, mit einer Zusammenarbeit unter den vielen Vereinen von der 1. Liga an abwärts, zum Beispiel mit einer gemeinsamen Juniorenförderung, wie dies im Fussball möglich ist.
Richard Ammann, ehemaliger Nationalliga-A-Spieler und Trainer der Aufstiegsmannschaft Vorwärts Bruggen, erinnert sich, dass in der einzigen Saison des SC Herisau in der NLA jeweils 500 bis 800 Besucher aus der Stadt St. Gallen erschienen. Und dass es schon in den 1980er-Jahren ein Projekt für eine grosse Halle beim jetzigen Standort der AFG Arena gegeben hat. Dennoch ist für den BDP-Kantonsrat die Idee einer NLA-Mannschaft utopisch. Das wäre nur mit einem Franchise-System wie in Amerika möglich, ohne Auf- und Abstieg. Doch dafür würden die Geldmittel fehlen.