Paul Burger ist ein leidenschaftlicher Fischer. Früh aufzustehen macht ihm nichts aus. «Auf dem See hat man seine Ruhe und bringt am Ende noch was nach Hause», sagt der Präsident des Fischereivereins Rorschach.
RORSCHACH. Er wohne seit 20 Jahren in Goldach, doch sei er seither noch keine fünf Male im See gewesen, sagt Paul Burger. «Ich bin kein Schwimmer. Fischer baden selten. Lieber giesse ich mir zur Abkühlung einen Hut voll Wasser über den Kopf.» Er habe sich aber schon mit acht Jahren zum Wasser hingezogen gefühlt, als er noch an der Sitter bei Bernhardzell seine Angel ins Wasser gehalten habe. «Jedes Wasser ist anders, hat eine andere Farbe, klingt anders. Das finde ich faszinierend.» Deshalb wandere er auch am liebsten in der Nähe eines Gewässers.
An diesem Morgen zieht es ihn jedoch nicht an, sondern aufs Wasser. Es ist ein Viertel nach fünf, als Paul Burger sein Boot langsam aus dem Rorschacher Kleinboothafen steuert. Alles ist in undurchdringliche Dunkelheit gehüllt. Nur der Geruch nach Seewasser und die ans Boot schlagenden Wellen lassen einen wissen, dass man über den Bodensee und nicht durch die Unendlichkeit gleitet. In einiger Entfernung schaukeln bereits einige Fischerboote auf den leichten Wellen. «Der Egli beisst, wenn der Tag anbricht», sagt Paul Burger. Da zuckt es an der Angel: Zwei Fische hängen an den Haken, doch Burger wirft sie in die Dunkelheit zurück. Zu klein. «Das Schonmass liegt bei 13 Zentimetern, aber ich nehme sie erst ab 18, sonst ist nach dem Filetieren fast nichts mehr da.»
Paul Burger geht nicht nur wegen der Fische, sondern vor allem auch des Erlebnisses wegen auf den See. «Hier kann ich abschalten, mich erholen.» Früher habe er praktisch nur an der Sitter gefischt. «Man muss natürlich sagen, von der Natur her ist es dort schöner als auf dem See: Man ist von Bäumen umgeben, sieht mal einen Eisvogel oder einen Specht.» Dafür habe man auf dem See seine Ruhe. «Sonst kommt ständig einer vorbei und fragt: <Beissen sie?> Ich antworte dann manchmal: <Nein, heute kann man sie streicheln>», erzählt der 56-Jährige lachend.
Inzwischen ist es sechs Uhr und schon merklich heller. Ein halbes Dutzend Fischer versuchen ebenfalls ihr Glück. Paul Burger hatte bisher noch keines. Als unweit Möwen schreien, werfen einige der Fischer den Motor an und fahren los. «Möwen sind ein Anzeichen, dass es dort was zu fangen gibt», sagt Burger. Der gierige Egli treibe die kleinen Fische an die Oberfläche, wo sie dann von den Möwen geschnappt würden. «Jeder Fischer hat so seine Methoden, wo und wann er fischt. Es gibt übrigens auch Fischer, die nur auf den See fahren, wenn sie vorher in Erfahrung bringen konnten, wo man was fangen kann.» Dabei würden sie die anderen Boote auch mal mit dem Feldstecher beobachten. Jedem das seine, meint Paul Burger dazu. Er für seinen Teil habe jedenfalls nichts dagegen, den See nach Fischen abzusuchen. «Der See ist für mich ein Lebensmittellieferant», sagt er. «Seit ich hier fische, habe ich noch nie einen Fisch im Laden gekauft.» Und er trinke übrigens auch nie pures Wasser: «Ich sage immer: Wasser ist zum Waschen, nicht zum Trinken da.»
Während die ersten Sonnenstrahlen ein faszinierendes Farbspiel auf den Himmel zaubern, füllt sich der blaue Kübel nach und nach mit Fischen. «Es ist eine Geduldssache», weiss der erfahrene Hobbyfischer. Hin und wieder wechselt er einige Worte mit einem vorbeifahrenden Kollegen. «Wie viele hast du gefangen?» Oder: «Sie sind beim Dreierpfahl dran, versuch's dort mal.» Fischer seien gesellige Leute, findet Paul Burger. Nicht zuletzt deshalb sei Fischen ein teures Hobby: «Zu den Ausgaben für Anlegeplatz, Patent, Boot und Material kommen noch die Ausflüge in die <Beizen> dazu», sagt er augenzwinkernd. Auch heute trifft er prompt auf zwei Kollegen beim Marina Rheinhof. Man kennt ihn: Burger ist nicht nur Mitglied von insgesamt fünf Fischereivereinen, sondern auch der Präsident des Fischereivereins Rorschach. Beim Fischereiverein St. Gallen sei er seit 25 Jahren Mitglied, beim Rorschacher müssten es etwa zwölf, dreizehn sein, schätzt er. «Wir haben in Rorschach etwa 130 Aktiv- und 90 Passivmitglieder, dazu 15 Jungfischer, deren Leiter ich bin.» Die Kameradschaft sei wichtig und werde mit diversen Anlässe lebendig erhalten.