In der Kirchgemeinde Tablat-St. Gallen arbeitet der neue Kantor Lukas Bolt daran, das Singen im Chor für alle attraktiv zu machen. So sind aus der bisherigen Kantorei Tablat zwei neue Chöre entstanden.
Laura Widmer
Mitgliederschwund und Überalterung stellen Chöre vor Schwierigkeiten. Auch Auflösungen sind keine Seltenheit, wie das Beispiel des Männerchors Mörschwil oder des Kirchenchors Mörschwil zeigt. In der von der Kirchgemeinde Tablat-St. Gallen neu geschaffenen Stelle als Kantor koordiniert der bisherige Chorleiter Lukas Bolt seit Januar die Kirchenmusik. «Ich verstehe nicht, wieso überall über das Aussterben von Chören gejammert wird», sagt Bolt. Natürlich gebe es Probleme wie Überalterung und wenig Nachwuchs. Dem Chorsterben müsse man aber mit Mut und Profil entgegentreten. Es sei ein Kreislauf: Wenn etwas aufhöre, könne etwas Neues beginnen. Jetzt sind aus der Kantorei Tablat zwei neue Chöre entstanden. Die Idee für die Veränderung sei im letzten Sommer gereift, in Absprache mit der Kirchenvorsteherschaft und dem Chorvorstand.
Das ensemble calmando hat drei bis fünf Auftritte pro Jahr und richtet sich eher an jene, die es ruhiger angehen wollen. Der coro veloce ist mit acht bis zehn Auftritten für jüngere, leistungsbereite Mitglieder. Hinzu kommt das semiprofessionelle Ensemble vokalensemble passione das nur projektbezogen probt. Welchem Chor sie beitreten wollen, konnten die Mitglieder selbst entscheiden. «Jetzt ist sowieso noch alles in der Testphase», sagt der 39-Jährige. Jeder könne in der nächsten Zeit prüfen, ob er am richtigen Ort sei und allenfalls noch wechseln wolle.
Die Neustrukturierung der Chöre sei von den Mitgliedern positiv aufgenommen worden. «Das rechne ich ihnen hoch an», sagt Bolt. Teilweise seien Ängste aufgekommen, gerade bei Mitgliedern, die schon mehr als 40 Jahre dabei sind. Es werde jedoch weiterhin ein Verein sein, in dem Freundschaften gepflegt und Ausflüge unternommen werden können.
Stilistisch decken die Chöre eine grosse Bandbreite ab. Ohnehin sei es wichtig, offen zu bleiben und für jedes Alter und alle Interessen etwas zu bieten, sagt Bolt. «Jedes Alter hat wieder andere Themen.» Es tue gut und stärke die Gemeinschaft, wenn man sich mit Gleichgesinnten austauschen könne. Dieses Vereinsleben und der Austausch seien einer der Punkte, die das Singen im Chor attraktiv machten, sagt Bolt. Häufig würden sich auch Chormitglieder bei ihm bedanken, weil sie vor der Probe etwas bedrücke und sie sich danach viel entspannter fühlten. Das sei die Kraft der Musik.
Bolt sagt, er beschwere sich nicht darüber, dass es wenige Junge im Chor hat. «Ich habe einfach Freude an der Musik und arbeite mit allen gern zusammen.» Natürlich hätten Chöre vor 50 Jahren mehr Mitglieder gehabt. Dies läge aber sicher auch daran, dass heute das Freizeitangebot viel grösser sei. «Ich bin sehr ländlich aufgewachsen, da gab es nur den Turnverein und den Chor», sagt Bolt.
Für die Zukunft wünscht sich Bolt, dass im Bereich der Chöre grösser gedacht würde. Es gäbe so viele Chöre, die lokal arbeiteten. Er hofft, dass diese Kräfte in Zukunft gebündelt werden können, auch Fusionen müsse man ansprechen.
Kennen lernen können Interessierte die Chöre ensemble calmando und coro veloce kommenden Freitag beim offenen Singen. Gemeinsam mit dem Chorkreis St. Gallen singen sie in der Kirche Vogelherd in Wittenbach Schweizer Volkslieder, wie es in einer Mitteilung heisst. Ab 19 Uhr sind alle herzlich zum Mitsingen oder Zuhören eingeladen, Notenkenntnisse oder Gesangserfahrung sind nicht notwendig. Eine bunte Sache werde das, sagt Lukas Bolt, ein humorvoller, geselliger Abend.