Im Hort lernen Kinder viel

GOSSAU. Spielgruppen und Tageshorte sind mehr als eine Gelegenheit für junge Eltern, Zeit für sich oder die Arbeit zu gewinnen. Die Kinder können dort, und oft nur dort, den wichtigen Kontakt mit Gleichaltrigen pflegen.

Johannes Wey
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Im Tageshort Gossau lernen Kinder schon früh, sich in einer Gruppe Gleichaltriger zurechtzufinden. (Bild: Urs Bucher)

Im Tageshort Gossau lernen Kinder schon früh, sich in einer Gruppe Gleichaltriger zurechtzufinden. (Bild: Urs Bucher)

Sie ruckeln mit Bobby-Cars durch den Garten, balancieren über Mäuerchen oder basteln. Und sie streiten auch mal. Im Tageshort Gossau können sich Kinder im Vorschulalter noch weitgehend dem Spiel widmen, ehe mit dem Kindergarten so etwas wie der Ernst des Lebens losgeht. Und obwohl es weder Wandtafeln noch Schulhefte gibt, ist der Lerneffekt in der Gruppe enorm. Den Kontakt zu Gleichaltrigen können viele der Hortkinder nur hier pflegen und lernen dabei buchstäblich fürs Leben. In der Phase vor dem Kindergartenalter machen sie in ihrer Entwicklung einen Sprung nach dem anderen, entwickeln sich zu selbständigen Persönlichkeiten und lernen das Zusammenleben. Und heutzutage lernt auch manch ein Kind im Hort oder in der Spielgruppe Deutsch.

Selbständigkeit wichtiges Ziel

Auch wenn sich diese Lernfortschritte beim Spielen fast von alleine einstellen, gibt es im Tageshort Gossau zwar keinen Lehrplan, aber ein pädagogisches Konzept. Laut Leiterin Manuela Schwager spielt dabei auch die Selbständigkeit eine zentrale Rolle. «Die Kinder sollen sich von den Eltern lösen können, Konflikte möglichst selber bewältigen und alltägliche Handlungen lernen. Etwa, sich anzuziehen, oder das Zähneputzen nach dem Essen.»

Gros der Eltern nutzt Angebot

93 Prozent aller Gossauer Kinder, die in diesem Schuljahr in den Kindergarten eingetreten sind, besuchten zuvor ein Angebot wie eine Spielgruppe oder den Tageshort. Aus Sicht der Schule eine erfreuliche Entwicklung, wie Schulrätin Helen Alder sagt, die gleichzeitig auch Präsidentin des Vereins Tageshort Gossau ist. Denn wenn Kinder den Umgang miteinander schon erlernt haben, profitieren davon die Kindergärtnerinnen. Die Schule unterstützt deshalb die Spielgruppen mit einem Sockelbeitrag, Werbung und Angeboten in der Elternbildung. Zudem übernimmt die Stadt Gossau je nach Einkommen der Eltern einen Teil der Kosten für die Betreuung im Tageshort. Heutzutage gebe es immer öfters Kinder, welche im Vorschulalter zu wenig Kontakt mit gleichaltrigen hätten, zu Hause zu wenig gefördert oder aber überbehütet würden, sagt Alder. Für diese Kinder sei der Besuch einer Spielgruppe oder eines Horts wertvoll, da sie dort die für die Entwicklung notwendigen Erfahrungen machen könnten.

Nur wenn nötig einmischen

Der grössere Teil der Kinder im Vorschulalter besucht nicht einen Hort, sondern ein bis zweimal wöchentlich eine Spielgruppe. Eine davon ist das «Bärehüsli». Präsidentin dieses Vereins ist seit kurzem Bettina Brühlmann. «Bei uns finden die Kinder ihren Platz in der Gruppe und lernen ihre Stärken und Schwächen kennen. Und da mischen wir uns so wenig wie möglich ein», sagt sie. Kinder, welche die Spielgruppe erst seit kurzem besuchen, sehen den anderen Kindern beispielsweise oft erst einmal beim Spielen zu. Mit der Zeit würden sie dann realisieren, dass sie selber auch mitmachen können. Bis es so weit ist, muss aber die Ablösung von den Mamis und Papis gelingen, die oft mit vielen Tränen verbunden ist. «Das kann zwei bis drei Wochen oder länger dauern», sagt Brühlmann. Die Eltern seien zu Beginn noch in der Spielgruppe dabei, ohne selbst mitzuspielen. Dann verabschieden sie sich – mit dem Risiko, wieder zurückkommen zu müssen, falls das Kind noch nicht so weit ist. Brühlmann ist zufrieden, mit der Unterstützung, welche die Spielgruppe von der Stadt Gossau erhält. «Auch wenn man immer etwas mehr gebrauchen könnte», sagte sie.

Nutzen für Kindergärtnerinnen

Rosmarie Böni ist Kindergärtnerin an der Bachstrasse, ganz in der Nähe vom Tageshort. Sie sagt, man merke vielen Kindern an, ob sie schon an eine Gruppe gewöhnt sind oder nicht. Andere hätten trotz dieser Erfahrungen noch Heimweh und andere Anfangsschwierigkeiten. «Horte sind, was die Sozialkompetenz, aber auch den Spracherwerb angeht, wertvoll», sagt Böni. Als Kindergärtnerin sei es eine grosse Erleichterung, wenn Kinder die Gesellschaft Gleichaltriger gewöhnt seien und die Sprache verstünden. Böni betreut 23 Kinder. Meist alleine.