In den Olma-Hallen tummeln sich viele Leute. Deshalb kommt es immer wieder zu sexueller Gewalt. Bei der Kantonspolizei sind jedoch keine Anzeigen eingegangen. Trotzdem rät sie zur Vorsicht.
Am Arbeitsort, im Zug, in der Bar oder auf der Strasse: Überall gibt es sexuelle Gewalt. Praktisch jede Frau hat schon unangenehme Momente erlebt. Dies zeigt sich derzeit in den sozialen Medien. Unter dem Hashtag #MeToo, also «Ich auch», berichten Frauen über ihre Erlebnisse von sexueller Gewalt und Belästigung – weltweit. Wie fast jede Frau sexuelle Gewalt oder verbale Belästigung erlebt hat, kennt auch fast jede St.Gallerin und jeder St.Galler eine Freundin, die selbst Opfer davon an der Olma wurde. Seien es K. o-Tropfen im Getränk oder ein unangebrachter Griff an den Hintern. Doch bei offiziellen Stellen sind bisher noch keine Fälle von sexueller Belästigung an der Messe bekannt.
So sind weder bei der Securitas, der Stadtpolizei, der Kantonspolizei noch bei der Olma selbst Meldungen eingegangen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass an der Olma sexuelle Gewalt und verbale Belästigung nicht vorkommen. «Bei uns sind keine Anzeigen eingegangen», sagt Gian Andrea Rezzoli, Mediensprecher der Kantonspolizei. «Viele Opfer brauchen jedoch eine Weile, bis sie sich dazu entscheiden, diesen Schritt zu gehen.» So war es auch beim Fall des Filmproduzenten Harvey Weinstein, der vergangene Woche publik wurde und die #MeToo-Kampagne ins Rollen gebracht hatte. Der heute 65-Jährige hat fast drei Jahrzehnte lang Frauen, darunter Prominente wie Angelina Jolie oder Gwyneth Patrol, belästigt und bedrängt. «Viele Opfer unternehmen gar nichts oder getrauen sich nicht, etwas zu sagen», sagt Rezzoli. Deshalb begrüsse er die momentane Diskussion in den sozialen Medien. «Sie gibt Frauen vielleicht den Mut, darüber zu sprechen.»
Auch bei der Opferhilfe St. Gallen sind während der Olma bisher keine Anrufe eingegangen, welche mit Fällen an der Messe in Verbindung stehen. Bei Nachfragen bei Mitarbeiterinnen in den Degustationshallen 4/5 klingt es jedoch schon ein wenig anders. Körperliche Übergriffe hätten sie zwar nicht erlebt oder beobachtet, sagen drei Barfrauen. Sprüche, die deutlich unter die Gürtellinie gehen, seien gerade in den Abendstunden jedoch keine Ausnahme. Hinter der Theke würden sie sich jedoch sicher fühlen.
Es scheint, als seien sich alle offiziellen Stellen bewusst, dass sexuelle Übergriffe passieren. Jedoch sei es schwierig, etwas dagegen zu unternehmen, heisst es unter anderem bei der Securitas, die für die Sicherheit in den Olma-Hallen zuständig sind. Würde ein Mitarbeiter einen Übergriff beobachten, sei er angewiesen, die Situation zu unterbinden. Dann werde der Fall der Kantonspolizei gemeldet. Ähnlich klingt es bei der Stadtpolizei. Auch den Patrouillen am Herbstjahrmarkt seien noch keine sexuellen Übergriffe direkt aufgefallen, noch seien Vorfälle gemeldet worden, wie Dionys Widmer, Mediensprecher der Stadtpolizei, sagt.
Obwohl weder bei der Securitas noch bei der Opferhilfe Fälle von sexueller Gewalt an der Olma bekannt sind, raten sowohl Kantons- als auch Stadtpolizei dazu, gewisse Vorsichtsmassnahmen zu beachten. Diese gelten jedoch nicht nur an der Olma. So sollten vor allem Frauen darauf achten, dass sie nie alleine unterwegs sind, und dunkle Pärke meiden. «Lieber ruft man ein Taxi», sagt Rezzoli. Kommt es an einem gut besuchten Ort, wie den Olma-Hallen, trotzdem zu einem sexuellen Übergriff, sollte das Opfer dringend auf sich aufmerksam machen, etwa laut schreien.