GEWERBE: Stefan Meier macht den Trump

Keine Radikalisierung der Politik, sondern eine konsensorientierte Mittepolitik – «eben Gewerbepolitik». Dies fordert Präsident Stefan Meier an der Mitgliederversammlung des Gewerbevereins Rorschach ein.

Rudolf Hirtl
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Scheidende (Marc Federer, Peter Ludwig), bleibendes (Stefan Meier) und neue (Debora Angehrn und Rolf Niederer) Mitglieder (v. l.) (Bild: Rudolf Hirtl)

Scheidende (Marc Federer, Peter Ludwig), bleibendes (Stefan Meier) und neue (Debora Angehrn und Rolf Niederer) Mitglieder (v. l.) (Bild: Rudolf Hirtl)

Rudolf Hirtl

rudolf.hirtl@tagblatt.ch

Fake News, wo man hinschaut. Präsident Stefan Meier macht an der 319. Mitgliederversammlung des ältesten Gewerbevereins der Schweiz aus seinem Herzen keine Mördergrube und schiesst in Trump’scher Manier in Richtung Medien. «Wir haben mehr Einwohner in Rorschach, konnten grosse Projekte realisieren und die Steuern senken. Dies auch, weil das Gewerbe seinen Teil dazu beigetragen hat. Aber auch, weil Behörden stetig daran arbeiten, weitere Entwicklungsschritte zu tun. Wenn dann in einer sinn- und nutzlosen Lohndiskussion diese Leistungen in Misskredit gebracht werden, dann gilt es zu überlegen, ob man dieses Miesepetertun auch noch unterstützt. Lasst uns selbstbewusst Freude daran haben, was wir erreicht haben in den vergangenen Jahren, und diesen Weg konsequent weitergehen.»

Unsäglicher Aufruf für Einkaufstourismus

Und wenn er schon bei der Presse sei, so Meier weiter, dann räume er gerne ein, dass er das «Tagblatt» gerne lese. Es sei sein allmorgendliches Ritual. «Nur leider ist mir dabei kürzlich der Kaffee im Hals stecken geblieben», poltert er. Als Beilage zum Tagblatt habe er nämlich einen Karstadt-Katalog samt Webadresse zur Onlinebestellung erhalten. So ein Aufruf zum Einkaufstourismus fördere die Lust, Inserate zu schalten, ebenso wenig wie Spots im TV, die zum Möbelshoppen im Vorarlberg aufriefen. Allerdings, gestand Meier auch ein, wenn das Gewerbe zu wenig Inserate schalte für eine Printzeitung, dann würden halt «grosse Player» gesucht. «Vielleicht müsste man einen neuen Weg suchen, die Partnerschaft zwischen örtlichem Gewerbe und Zeitung zu intensivieren.»

Auch mit seinen eigenen Schäfchen ging der Gewerbevereinspräsident hart ins Gericht. «Wir haben dazu aufgerufen, Gwerbler in die Behörden zu wählen. Mit Thomas Müller, Ronnie Ambauen und mir wurden zwar Mitglieder unseres Vereins in den Stadtrat gewählt. Unser Effort reichte aber nicht, Debora Angehrn zur Wahl zu verhelfen. Ich bitte euch also, bei nächster Gelegenheit, Kandidaten oder Sachvorlagen besser zu unterstützen, die vom Gewerbe zur Wahl empfohlen werden.»

Als besorgniserregend empfindet Meier die zunehmende Radikalisierung der Politik. Auch in Rorschach. Extreme Positionen hätten seit jeher nur geschadet. «Weder der rechte noch der linke Flügel bringen unser Land, unseren Kanton oder unsere Stadt weiter. Nur die konsensorientierte Mittepolitik – eben auch Gewerbepolitik – wird unseren Wohlstand bewahren. Die rechte Abschotterei, Angstmacherei und Unnachgiebigkeit sind genau so nicht zielführend wie die linke Regulierungswut und die alternativlose Ablehnung von Vorschlägen.»

Freilich hat Meier auch Good News zu vermelden. Etwa, dass der 30. Bummelsonntag ein voller Erfolg war. «Die Rorschacher Strassen waren so gut gefüllt wie seit langem nicht mehr. Rückmeldungen überzeugen uns, den richtigen Weg zu gehen.» Oder als Beispiel für ein gelungenes gemeinsames Projekt der Gewerbevereine Rorschach, Rorschacherberg und Goldach der Gutschein «Gewerbe am See».

Neu darf der Präsident zweimal vier Jahre amten

Marc Federer, Obmann der Gruppe Handel, und Peter Ludwig, er war über zehn Jahre lang Kassier, scheiden aus dem Vorstand aus. Ohne Gegenstimme werden Debora Angehrn als neue Obfrau Gruppe Handel und Rolf Niederer als neuer Kassier von der Versammlung in den Vorstand gewählt. Die meisten Lacher bekommt Meier am Montagabend im Stadthofsaal mit der Bemerkung, dass selbst der unfähigste amerikanische Präsident acht Jahre amten dürfe, der Präsident des Gewerbevereins aber nur vier Jahre. Einstimmig nehmen die Mitglieder die «sanfte» Statutenänderung an und verhindern, dass der Gewerbeverein bereits kommendes Jahr einen neuen Präsidenten braucht.

Andreas Hartmann als Präsident des Kantonalen Gewerbeverbandes schliesst den Abend mit seinem Referat ab. Er zeigt unter anderem auf, dass der kantonale Verband aktiv das «Einkaufen in der Schweiz» bewerbe. Er fordert aber auch bei den Mitgliedern selbst Einfallsreichtum und innovatives Handeln ein.