Geteilte Meinungen im Tobel

Weil das Projekt der gemeinsamen Schutzverordnung für das Goldachtobel stillstand, prüft die Stadt St. Gallen den Alleingang. Die Gemeinden Mörschwil, Eggersriet, Untereggen und Goldach haben eigene Pläne für das Goldachtobel.

Perrine Woodtli
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Nicht alle betroffenen Gemeinden halten es für nötig, das Goldachtobel unter Schutz zu stellen. (Archivbild: Luca Linder)

Nicht alle betroffenen Gemeinden halten es für nötig, das Goldachtobel unter Schutz zu stellen. (Archivbild: Luca Linder)

Das Goldachtobel soll unter Schutz gestellt werden. Und dies seit 15 Jahren. Die Gemeinden Mörschwil, Untereggen, Eggersriet und Goldach wollten mit der Stadt St. Gallen eine gemeinsame Schutzverordnung erarbeiten. Seit Jahren steht das Projekt eines flächendeckenden Wildnisparks aber still. Nun prüft die Stadt St. Gallen den Alleingang für eine Schutzverordnung auf Stadtgebiet (Tagblatt vom 29. Oktober). Die Zusammenarbeit hat sich für die meisten Gemeinden somit erledigt.

Keine hohe Priorität

«Die Stadt muss selber wissen, was sie tut. Mir ist das egal. Es wäre anmassend, ihr in dieser Angelegenheit Empfehlungen abzugeben», sagt Paul Bühler, Mörschwiler Gemeindepräsident, über den Alleingang der Stadt. «Ich stand dem Projekt von Anfang an skeptisch gegenüber.» Bühler sieht den Sinn einer Schutzverordnung nicht. «Das Goldachtobel ist schön, ruhig und wild. Dort wird nichts gemacht, was dem Ort schadet.»

Die Meinung der Stadt, dass sich abgezeichnet hat, dass man auf keinen gemeinsamen Nenner kommt, teilt der Goldacher Gemeindepräsident Thomas Würth nicht. «Die Stadt hat die Schutzverordnung entworfen und die Federführung übernommen. Sie selber kommt zum Schluss, dass eine gemeinsame Lösung nicht sinnvoll ist. Es ist nicht korrekt, dafür die Gemeinden verantwortlich zu machen und ihnen den schwarzen Peter zuzuschieben», sagt Würth. Offensichtlich sei die Schutzverordnung auch in der Stadt nicht sehr hoch gewichtet worden.

Untereggen begrüsst Projekt

Die Schwierigkeit liegt laut Roger Hochreutener, Gemeindepräsident von Eggersriet, darin, dass die Nutzungsideen von Siedlung, Infrastrukturanlagen, Sportanlagen und Natur nicht überall identisch sind. «Der Bachlauf oberhalb der Martinsbrugg ist beispielsweise wildromantischer Gewässerbereich, aber praktisch nicht zugänglich. Es gibt dort somit kein Konfliktpotenzial. Dieses gibt es auf unserem Gemeindegebiet allgemein kaum», sagt Hochreutener.

Anders tönt es in Untereggen. Dort ist man laut Gemeindepräsident Norbert Rüttimann einer Schutzverordnung nicht abgeneigt. «Aufgrund zahlreicher personeller Wechsel im Gemeinderat in den vergangenen Jahren rückte das Projekt in den Hintergrund», sagt Rüttimann und ergänzt: «Wir sagen aber nicht nein zu einer Schutzverordnung.» Rüttimann ist überrascht, dass die Stadt der Meinung ist, den Gemeinden sei die Schutzverordnung nicht wichtig. «Für Untereggen trifft das nicht zu. Aber man hat halt anderes zu tun.»

Einsprachen nicht verschlampt

Den Vorwurf, dass die Gemeinden versäumt hätten, die 20 Einsprachen zu bearbeiten, kann Paul Bühler nicht hinnehmen. «In Mörschwil gab es drei Einsprachen. Diese liessen wir Dominik Scheiwiller vom Rechtsdienst der städtischen Bauverwaltung zukommen, weil er diese koordiniert. Ich kann es also nicht gelten lassen, dass es heisst, wir hätten die Einsprachen verschlampt.»

Auch Würth wehrt sich. «2012 fand eine Einspracheverhandlung statt, an welcher auch der Vertreter der Stadt anwesend war. Es wurde vereinbart, dass dieser einen Vorschlag zur Textanpassung liefert. Ein Vorschlag ist aber nie bei uns eingegangen», sagt Würth. Auch in Untereggen habe man sich um die Einsprache gekümmert. Rüttimann: «Danach haben wir den nächsten Schritt der Stadt abgewartet. Aber es ist nichts geschehen.»

Nur aus Solidarität dabei

Für Mörschwil sei eine Schutzverordnung derzeit kein Thema mehr. Kürzlich hat die Gemeinde aber Unterlagen vom Kantonsforstamt erhalten. Gemäss diesen könnte im Tobel ein Waldreservat entstehen. Paul Bühler: «Wir werden das im Gemeinderat besprechen.» In Eggersriet warte man die Schutzverordnung der Stadt ab. «Sollte sich ein Koordinationsbedarf ergeben, könnte man immer noch reagieren», sagt Roger Hochreutener. In Goldach wird bezweifelt, dass eine zusätzliche Schutzverordnung hilft. Thomas Würth: «Das Goldachtobel ist eine Aue von nationaler Bedeutung. Dadurch ist sie per se geschützt. Die Gemeinde Goldach ist nur in einem kleinen Teil betroffen. Sie hat aus Solidarität beim Projekt mitgemacht.»