Gesammelte Lokalgeschichte

GOSSAU. Angefangen hat es mit einer einfachen Postkarte vom Schloss Oberberg. Heute besitzt Roland Klauser mehr als 1000 Ansichtskarten. Doch Klauser ist mehr als nur ein Sammler. Er kennt auch die Geschichte hinter seinen Karten.

Flavio Dal Din
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Roland Klauser bewahrt seine Sammlung alter Postkarten von Gossau in elf Alben auf. (Bild: Urs Bucher)

Roland Klauser bewahrt seine Sammlung alter Postkarten von Gossau in elf Alben auf. (Bild: Urs Bucher)

Die Wohnung von Roland Klauser ist schlicht eingerichtet. Die Möbel sind einfach, dekorativer Schnickschnack fehlt. Auf einem Tresen, der die Küche vom Wohnzimmer trennt, stehen elf grüne Alben. Es ist die Sammlung von Roland Klauser. Um sie aufzubewahren, braucht es nicht extra ein Zimmer. Die Alben, die normalerweise in einem Schrank im Wohnzimmer verstaut sind, genügen. Denn Roland Klauser sammelt alte Postkarten von Gossau, die er nach Strasse, Gebäude oder Firmen in seinen Alben ordnet.

Vor 13 Jahren begonnen

Klauser setzt sich an den Tisch, nimmt eines der Alben hervor, und beginnt darin zu blättern. «Wenn man alle anschauen möchte, dann dauert das fünf Stunden», sagt er ohne aufzublicken. Dann hält der 41-Jährige inne und zeigt mit seinem Finger auf ein altes Gebäude, das auf einer Postkarte zu sehen ist. «Hier ist heute die Gutenberg Buchhandlung, witzig, wie sich alles verändert.» Er schaut auf, lächelt kurz und blättert dann weiter. Angefangen habe alles vor 13 Jahren. «Auf einer Auktionsplattform bin ich auf eine Postkarte vom Schloss Oberberg gestossen, die mir gefallen hat.» Weil ihn Schlösser und deren Geschichte schon immer interessiert hätten, habe er die Karte gekauft. «Dann kam eine weitere dazu, dann noch eine und so weiter», erzählt Klauser, schliesst das Album und nimmt ein nächstes hervor. Wieder stoppt er bei einer Karte. «Das ist eine meiner liebsten.» Zu sehen ist das «Magazin zur Stadt Paris», das es einst in Gossau gab. Diese Karte habe er «umsveregge» haben wollen, weil viele Details und Personen zu erkennen seien.

Ein richtiger «Kärtler»

Nach 13 Jahren sammeln, Auktionsplattformen durchforschen und Märkte durchstöbern, umfasst Klausers Sammlung etwas mehr als 1000 Postkarten, wie er selber schätzt. Sie umfassen Kirchen, Schulen, Ortsteile oder andere Themen, aber alle sind sie von Gossau. Heute ist Roland Klauser, der als Sachbearbeiter in einer Firma für Verpackungslösungen arbeitet, ein richtiger «Kärtler». Mehrmals im Jahr reist er quer durch die Schweiz, um an Flohmärkten nach neuen Karten zu suchen. Manchmal auch vergebens. Doch wenn er dann eine neue findet, «ist das wie einen kleinen Schatz entdeckt zu haben». Ein solcher sei die Postkarte, welche die Herisauerstrasse zeigt. «Diese Karte stammt aus dem Jahr 1901», damit sei sie eine der ältesten in seiner Sammlung.

Die Sammlung als erstes retten

Roland Klauser kennt meist auch die Geschichte, die hinter seinen Sammelstücken steckt. Er weiss, wann der Bahnhof eröffnet wurde, wann ein Schulhaus oder eine Fabrik. Wenn er ein Gebäude auf einer Karte nicht kennt, dann spaziert er auch einmal stundenlang durch Gossau, um herauszufinden, wo es denn vielleicht einmal stand. Vor allem die alten Postkarten haben es dem «Hobbylokalhistoriker» angetan, jene die vor der Mitte des 20. Jahrhunderts im Umlauf waren. «Mir ist nicht wichtig, von wem oder wo die Postkarte abgeschickt wurde.» Dennoch gebe es auf den Rückseiten hie und da interessante «Gschichtli», wie beispielsweise ein schnulziges Liebesgedicht eines Verliebten.

Eigentlich sei es witzig, dass gerade er Postkarten von Gossau sammle. «Denn eigentlich bin ich gar kein Gossauer.» Vor 17 Jahren sei er nach Gossau gezogen, doch die lokale Geschichte fasziniere ihn dennoch. «Sie hat mehr zu bieten, als man denkt.» Die Sammlung bedeutet Klauser viel. «Wenn es brennen würde, wäre es wohl das erste, das ich retten würde», sagt er, schliesst eines der Alben und schmunzelt. Auch Zukunftspläne hat Klauser: «Ausstellen würde ich die Postkarten gerne einmal.»

Bild: FLAVIO DAL DIN

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