Entlassene spüren Aufwind

REGION. Die Entlassungsfeier für die Soldaten der Regionen St.Gallen, Rorschach und Wil gibt immer ein wenig Zeitgeist wieder, zumindest was die Armee betrifft. Diesmal wehte der Wind der erfolgreichen Abstimmung durch den Pfalzkeller.

Fredi Kurth
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Kreiskommandant Andreas Schwarz grüsst während der Nationalhymne, beobachtet von Brigadier Martin Vögeli, Regierungsrat Fredy Fässler, Jörg Köhler, Leiter des kantonalen Amts für Militär und Zivilschutz, und Oberst Romeo Fritz, Kommandant Infanterie Rekrutenschule 11 (von links). (Bild: Urs Bucher)

Kreiskommandant Andreas Schwarz grüsst während der Nationalhymne, beobachtet von Brigadier Martin Vögeli, Regierungsrat Fredy Fässler, Jörg Köhler, Leiter des kantonalen Amts für Militär und Zivilschutz, und Oberst Romeo Fritz, Kommandant Infanterie Rekrutenschule 11 (von links). (Bild: Urs Bucher)

Vielleicht schien am Montagabend im Pfalzkeller manchem Teilnehmer das grosse Bekenntnis des Stimmvolkes zum Milizsystem der Schweizer Armee etwas spät erfolgt zu sein: Bis ins Alter von ungefähr 30 Jahren haben die entlassenen Soldaten dem Vaterland gedient und waren neben Reformen und einer Umteilung ab und zu wohl auch von der Sinnfrage geplagt worden. Zumindest diese scheint nun geklärt zu sein.

Ansehen erhöht

Auch Martin Vögeli, dem Kommandanten der Infanteriebrigade, dürfte der Applaus der Entlassenen stärker als auch schon in den Ohren geklungen haben. Der Brigadier verwies nicht nur auf die 75prozentige Absage der Stimmvolkes zur Abschaffung der allgemeine Wehrpflicht, sondern auch auf die Zustimmung zur Armee in sämtlichen 26 Ständen. «Der Wehrpflicht kann nun wieder besser nachgelebt werden», sagte er.

Der Schaffhauser vergass ob diesem Rückenwind aber nicht, den Soldaten bei ihrem zweitletzten Anlass – die Abgabe der persönlichen Ausrüstung ist noch ausstehend – zu danken. Sie hätten Dienst geleistet, auch wenn der Zeitpunkt wegen «falscher» Jahreszeit, Ferien oder starkem beruflichem Engagement oft ungünstig gewesen sei.

Vögeli glaubt, dass trotz der unerlässlichen Pflicht ein Umstand den Militärdienst etwas leichter ertragen lässt: «<Nirgendwo sonst werden soziale Barrieren aufgebrochen wie in der Milizarmee. Es treffen sich hier so unterschiedliche Berufsleute wie Banker, Bauer oder Lehrer. Und sie spüren, hier einem grossen Ganzen anzugehören.» Vögeli machte nicht nur auf Armeeromantik, sondern erzählte auch, wie ihm früher selber das Einrücken schwergefallen sei. «Glauben Sie, ich sei am Sonntag um 14 Uhr mit der Uniform schon im Garten hin und her marschiert, nur um meiner Frau zu imponieren?»

Die einzige Sicherheitsreserve

Regierungsrat Fredy Fässler war erstmals als Militärdirektor zur Entlassungsfeier erschienen. Er betonte, dass die Milizarmee die einzige Sicherheitsreserve der Schweiz sei. Sich häufende Unwetterereignisse, Migrationsströme, schwankende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der EU-Länder und Kriegswirren wie in Syrien mit Millionen von Flüchtlingen, nur drei Flugstunden von der Schweiz entfernt, machten die Notwendigkeit dieser Reserve deutlich.

Die Armee solle verstärkt die kantonalen Behörden bei Umweltkatastrophen unterstützen, sagte Fässler. «Es ist nicht möglich, die Polizei auf seltene Ereignisse hin aufzurüsten.» Den Bestand der Armee bei 100 000 Soldaten festzulegen, sei aus kantonaler Sicht ein richtiger Schritt. Auch Fässler dankte den Abgängern und ermunterte sie, sich nun im Sinne des Milizsystems im zivilen Alltag zu engagieren, sich für Politik zu interessieren und sich gemeinnützig zu betätigen, sei es in sozialen Institutionen, Sport oder Kultur.

Jeder mit eigener Geschichte

Kreiskommandant Andreas Schwarz konnte rund 80 Armeeangehörige bei der Entlassungsfeier begrüssen. Sie gehören zu den rund 54 Prozent Männern dieses Jahrgangs, die jeweils im Kanton St. Gallen aus der Militärdienstpflicht verabschiedet werden. «Darauf dürfen Sie stolz, aber auch dankbar sein, denn nur die physisch und psychisch gesunden Schweizer Bürger bleiben der Militärdienstpflicht bis zur Entlassung erhalten.» Was im Einzelfall vielleicht noch zu prüfen wäre.

Auf individuelle Unterschiede machte Schwarz jedoch hinsichtlich dem Erleben der Militärdienstzeit aufmerksam: Von jedem Soldaten bekäme man eine ganz andere Geschichte zu hören.

Den musikalischen Rahmen zur Feier bot die Knabenmusik St. Gallen, die unter der Leitung von Markus Egger den Fahnenmarsch, die Nationalhymne und den Zapfenstreich spielte.