Am morgigen 1. Mai tritt das revidierte Raumplanungsgesetz mit Massnahmen gegen die Zersiedelung in Kraft. Im Hinblick auf das Moratorium bemühten sich viele St. Galler Gemeinden noch um dringende Einzonungen von Bauland.
ST. GALLEN. Ab morgen gilt es ernst in Sachen sorgsamerer Umgang mit dem Boden, massvollere Bauzonen und kompaktere Siedlungen – alles Ziele der Bestimmungen im teilrevidierten Raumplanungsgesetz (RPG), das die Schweizer Bevölkerung am 3. März 2013 angenommen hat. Die Umsetzung obliegt nun den Kantonen, die in ihren – bis spätestens 2018 bereinigten – Richtplänen die Entwicklung von Dörfern und Städten nach innen aufzeigen müssen.
Eine einschneidende Massnahme auch im Kanton St. Gallen ist das Moratorium für Einzonungen von Bauland – kein zwanzigjähriges, wie es die Landschafts-Initiative forderte, aber gemäss dem jetzt gültigen Gegenvorschlag ein vorläufiges. Wobei Moratorium nicht ganz zutrifft, denn Einzonungen sind grundsätzlich weiterhin erlaubt, nur dürften sie kaum mehr vorkommen. Der Grund: Bis zur Genehmigung des angepassten kantonalen Richtplans durch den Bundesrat müssen neue Bauzonen kompensiert werden. Davon ausgenommen sind nur «dringend benötigte öffentliche Infrastrukturen wie beispielsweise ein Kantonsspital».
Aufatmen darf man am morgigen Tag der Arbeit im kantonalen Amt für Raumentwicklung und Geoinformation (Areg). Dort arbeiteten laut Amtsleiter Ueli Strauss-Gallmann die Mitarbeiter seit Wochen auf Hochtouren und zusätzlich zu viert auch an Samstagen, um die vielen Zonenbegehren der Gemeinden noch vor der «Deadline» erledigen zu können. Im Endspurt seien die meisten Fälle, darunter manche, die «seit Jahren vor sich hin dümpelten», vorgezogen und bereinigt worden, sagt der Kantonsplaner. In zwei Fällen aufgelegter Teilzonenpläne von Gemeinden läuft die Referendumsfrist tatsächlich erst heute ab – da reicht es bestenfalls wahrlich «in letzter Sekunde».
Das Areg hatte die Gemeinden im Dezember und nochmals im März auf den RPG-Termin hingewiesen und die Verfahren nach Kräften beschleunigt. Dabei habe man dort, wo es der Richtplan zuliess, Grosszügigkeit walten lassen, sagt Strauss. Die Kriterien fürs neue RPG allerdings stünden seit März 2013 «sonnenklar» fest, dies ein Merkmal der Referendumsvorlage im Unterschied zu Initiativen (wie Zweitwohnung, Zuwanderung).
Dutzende von Gemeindepräsidenten sprachen in den letzten Monaten im Areg vor – und nur wenige mussten enttäuscht werden. «Selbstverständlich konnten wir länger laufende Gesamtrevisionen von Zonenplänen, wo noch Fälle offen oder Rekurse hängig sind, nicht einfach durchwinken», sagt Strauss und nennt als Beispiele die Gemeinden Walenstadt und Neckertal. Mehrheitlich konnten Umzonungen von Benken und Bütschwil bis Steinach und Rorschacherberg abgeschlossen werden. Darunter Spezialfälle wie der Erweiterungsbau eines Industriebetriebs in Kirchberg, dessen Einzonung mit einer Frist («Baubewilligung innert drei Jahren») belegt wurde. «Sonst hätten wir uns selber ein Ei gelegt», sagt Areg-Leiter Strauss.
Allein die Bodenseegemeinde Steinach zum Beispiel legte drei Projekte vor, die alle «sehr beschleunigt» behandelt worden seien. «Die Kantonsbehörden haben sich sehr ins Zeug gelegt», lobt Gemeindepräsident Roland Brändli. Abgeschlossen sind nun die Projekte Campingplatz Weidenhof (neu öffentliche Bauten und Grünzone) und die Betriebserweiterung der Firma Hügli im bisherigen «übrigen Gemeindegebiet». Das dritte Vorhaben – in Obersteinach – musste zurückgestellt werden, weil es zeitlich nicht mehr aufging und der Kanton eine Gesamtschau der ortsbaulichen Entwicklung zwischen Wohndorf und Industrie verlangt. Dass Einzonungen bis auf weiteres nicht mehr möglich sind, kann Brändli verschmerzen, zumal «man vorher schon sehr gute Gründe haben musste» und nun die «Hausaufgaben gemacht» werden könnten. «Zwei Jahre sind in der Ortsplanung keine lange Zeit.»
Mit zwei Jahren für die Richtplananpassungen rechnet auch Kantonsplaner Strauss und skizziert den «optimalen» Zeitplan: Entwurf bis Frühling 2015, Vernehmlassung bis Ende 2015, Genehmigung Mitte 2016. Aufgrund der «epochalen» Raumplanung werden auch in St. Gallen Auszonungen ein Thema. Mit gesamthaften Baulandreserven von 15 bis 16 Jahren erfüllt der Kanton zwar (fast) das vorgeschriebene Mass, doch liegen einzelne Gemeinden weit darüber. Man werde diesen Sommer mit rund 15 Gemeinden (wie Neckertal, Schänis, Wildhaus) «über Auszonungen diskutieren müssen», erklärt Strauss, damit der Kanton in anderen Regionen «wieder mehr Spielraum» erhalte. Dabei ist angedacht, dass der Kanton entschädigungspflichtige Auszonungen via die Mehrwertabgabe (20 Prozent) bei Einzonungen finanziert.