EBENBILD: Wie er leibte und lebte

Das Historische und Völkerkundemuseum hat eine lebensechte Schaufigur von Stadtvater Vadian fertigen lassen. In einer Woche wird sie offiziell enthüllt.

Luca Ghiselli
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Letzte Handgriffe an der Mütze: Kuratorin Monika Mähr richtet die Schaufigur des Stadtvaters Vadian für die Präsentation am kommenden Samstag her. (Bild: Benjamin Manser)

Letzte Handgriffe an der Mütze: Kuratorin Monika Mähr richtet die Schaufigur des Stadtvaters Vadian für die Präsentation am kommenden Samstag her. (Bild: Benjamin Manser)

Luca Ghiselli

luca.ghiselli@tagblatt.ch

Aufrecht sitzt er auf seinem Holzstuhl im Ratszimmer. Er blickt streng in die Ferne, der Kopf ist leicht zur Seite geneigt. Ein Nerzmantel hängt locker über seinen breiten Schultern, eine Mütze bedeckt das stolze Haupt. Das Geheimnis ist gelüftet: So also hat er vermutlich ausgesehen, der Stadtvater, Humanist, Arzt und Förderer der Reformation Joachim von Watt, genannt Vadian. Was da im Historischen und Völkerkundemuseum sitzt, ist kein Vadian-Imitator aus Fleisch und Blut: Es ist eine Figur aus Gummiharz und anderen Kunststoffen, die das Historische und Völkerkundemuseum beim Präparator Marcel Nyffenegger in Auftrag gegeben hat.

Dieser setzte jedes Bart-, Kopf- und Brusthaar einzeln ein, modellierte die Figur anhand eines 3D-Modells. «Sein Weggefährte Johannes Kessler beschrieb Vadian als kräftigen, grossen, aber körperlich fitten Mann», sagt Kuratorin Monika Mähr. Letzteres habe er auch unter Beweis gestellt, als er nach Wien und Leipzig ritt. Als wichtigste Vorlage für die Schaufigur dienten aber nicht schriftliche Zeugnisse, sondern das einzige gemalte Porträt Vadians, das zu seinen Lebzeiten entstand: Das berühmte runde Tafelgemälde, das um 1545 herum gefertigt wurde. «Als Schaufigur blickt er etwas freundlicher als auf dem Gemälde», sagt Museumsdirektor Daniel Studer.

Vadian kostete rund 20000 Franken

Dass die Schaufigur im Ratszimmer des Historischen und Völkerkundemuseums sitzt, ist kein Zufall. Das Zimmer stammt aus dem ehemaligen Rathaus. «Und dieses stand an jenem Ort, wo heute das Vadian-Denkmal an den ehemaligen Bürgermeister erinnert», sagt Mähr. Offiziell enthüllt wird die Figur heute in einer Woche, an der Vernissage dreier Ausstellungen anlässlich des 500-Jahr-Jubiläums der Reformation.

Die Figur ist nicht die erste Zusammenarbeit des Historischen und Völkerkundemuseums mit Präparator Marcel Nyffenegger. 2016 hatte er bereits die Biedermeierfiguren gestaltet, die heute im Foyer des Museums zu sehen sind. Die Vadian-Figur hat rund 20000 Franken gekostet. Das sei aber auch eine Investition für die Zukunft, sagt Studer. «Die Figur verschwindet nach der Ausstellung nämlich nicht irgendwo im Keller, sondern wird prominent ausgestellt.»