Drei Ärzte vor dem Einzelrichter

ST.GALLEN. Nach dem Todesfall am Spital Wil sind drei weitere Ärzte angeklagt. Die Gerichtsverhandlungen stehen noch aus. Bereits steht aber fest: Sie können mit milderen Strafen als die verurteilte Chefärztin rechnen.

Regula Weik
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Im Oktober 2007 stirbt auf der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe des Spitals Wil eine Frau – an den Folgen einer schwierigen Geburt. Es ist nicht ihre erste Geburt; die Frau ist bereits mehrfache Mutter. Diese Woche wurde bekannt: Das Kreisgericht Wil hat die verantwortliche Chefärztin wegen fahrlässiger Tötung verurteilt (Ausgabe vom 15. August).

Inzwischen zieht der Wiler Fall grössere Kreise. Es gibt drei weitere Angeklagte.

Prozess in wenigen Wochen

«Es trifft zu: Es stehen drei weitere Ärzte wegen des Todesfalls am Spital Wil vor Gericht», sagt Roman Wüst, Generalsekretär im St. Galler Gesundheitsdepartement. Es handle sich dabei um die Oberärztin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe sowie um den Chefarzt und den Oberarzt der Anästhesie.

«Die Prozesse gegen diese drei Personen stehen noch aus», sagt Wüst. Ein Blick auf die Termine des Kreisgerichts Wil zeigt: Ende August und Anfang September finden drei Verhandlungen wegen fahrlässiger Tötung statt – an Schranken stehen die drei Ärzte des Spitals Wil. Wüst präzisiert: «Die drei arbeiten heute nicht mehr am Spital Wil.»

Wurde ihnen gekündigt?

Wurde ihnen wegen des Todesfalls gekündigt? Der Generalsekretär verneint. Die drei hätten regulär gekündigt; ihr Abgang stehe nicht im Zusammenhang mit dem Tod der Frau. Weshalb hat das Gesundheitsdepartement nur über die Verurteilung der Chefärztin informiert und die Anklage gegen die drei weiteren Ärzte verschwiegen? Sie hätten im Communiqué geschrieben, es sei eine Strafuntersuchung «gegen die beteiligte Ärzteschaft» eingeleitet worden, hält Wüst dem entgegen.

Einzelrichter entscheidet

Die Chefärztin – sie bleibt in ihrer Funktion am Spital Wil angestellt – ist zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt worden. Die drei noch anstehenden Verhandlungen werden von Einzelrichtern geführt und beurteilt. Damit ist klar: Die beantragten Strafen für die ebenfalls angeklagten Ärzte liegen deutlich unter dem Strafmass für die Chefärztin. Der Einzelrichter kommt nur zum Einsatz, wenn die Anklage weniger als zwölf Monate oder 300 Tagessätze Geldstrafe fordert; verlangt die Anklage schärfere Strafen, gibt es einen Kollegialentscheid. So geschehen im Fall der angeklagten Chefärztin. «Ihr Fall wurde im Kollegium beurteilt», sagt denn auch Stefan Haltinner, Präsident des Kreisgerichts Wil.

Und er bestätigt: Die beantragten Strafen gegen die drei Ärzte betragen «ein Jahr oder weniger».

Wer informiert wie

Beim Blick auf die Verhandlungstermine des Kreisgerichts Wil fällt auf: Einzelne Verbrechen und Straftatbestände werden auf der Liste der Verhandlungstermine recht ausführlich beschrieben – Hergang der Tat, Beteiligte und so weiter. Bei den drei Fällen gegen die Wiler Ärzte heisst es lediglich: fahrlässige Tötung.

Gibt es Vorschriften, wie viele Informationen das Gericht zum Verhandlungstermin mitliefern muss? Haltinner verneint. Das Gericht sei grundsätzlich nicht dazu verpflichtet; es müsse nur den Betreff in der Anklageschrift publizieren – im Fall der drei Ärzte eben den Hinweis «fahrlässige Tötung». Er halte sich selber konsequent an diese knappe Form, sagt der Gerichtspräsident. Er ist in den drei Fällen auch der zuständige Einzelrichter.

Schweres Verschulden

Der St. Galler Staatsanwalt Paul Frei hatte die Anklage gegen die Chefärztin vor dem Kreisgericht Wil vertreten. Die «Weltwoche» zitiert ihn: Er sei mit dem Richterspruch zufrieden. Frei bestätigt das auf Anfrage: Er habe 24 Monate gefordert – «zwei Jahre schienen mir angemessen». Bei schwerem Verschulden können nach der heute geltenden Schweizer Gesetzgebung maximal drei Jahre gefordert worden.