Die Quartiere ernst nehmen

Daniel Roduner
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Mit der Annahme der Initiative für eine grüne Sömmerliwiese konnte die Stimmbürgerschaft der Stadt St. Gallen Mitte Fe­bruar im letzten Moment die Notbremse ziehen und im Lachenquartier eine weder sach- noch kindergerechte Fehlplanung verhindern. Nach diesem unrühmlichen Streich der Stadtverwaltung folgt bereits schon der nächste: Ohne jede Einbindung des umliegenden Quartiers in den Entscheidungsprozess und ohne vorgängige Anhörung des Quartierve­r­eins kündigte Stadtrat Buschor die Schliessung des Primarschulhauses Tschudiwies an.

Es tut weh, zuzuschauen, wie durch diesen Schritt die Lebensqualität und die Familienfreundlichkeit eines Quartiers ohne Rücksicht auf dessen Bewohnerinnen und Bewohner zerstört werden. Das beliebte Quartierschulhaus mit der angrenzenden Spielwiese ist das Herz des Quartiers Tschudiwies, welches nach der Familie benannt ist, welche der Stadt seinerzeit die Tschudispielwiese schenkte und das daran angrenzende Areal ausschliesslich für den Schulhausbau zu Sonderkonditionen abgetreten hat. Seither war und ist das sehr beliebte Quartierschulhaus für Familien mit Kindern immer wieder ein wichtiger und zentraler Aspekt bei der Wohnsitz­nahme. Unverständlich ist die angekündigte Schliessung auch vor dem Hintergrund des erwarteten Anstiegs der Kinderzahlen im Einzugsgebiet dieses Schulhauses.

Es ist deshalb mehr als verständlich, dass das geschockte und verunsicherte Quartier versucht, sich mit einer Petition gegen die drohende Schliessung des Schulhauses zu wehren. Gesammelt wurden in diesem Zusammenhang weit über tausend Unterschriften. Der Stadtrat wird in der Bittschrift ersucht, wenigstens die Primarschüler der Unter- und Mittelstufe im Schulhaus zu belassen.

Die Stadtbehörden wären jetzt gut beraten, aus der Fehlplanung im Lachenquartier und dem daraus resultierenden klaren Abstimmungsresultat zur Sömmerliwiese die Lehren zu ziehen und auf die berechtigten Anliegen des Quartiers Tschudiwies einzugehen. Andernfalls verkämen städtische Reglemente und Beschlüsse zur Miteinbeziehung der Bevölkerung in Belange, die ihr Quartier besonders betreffen (Partizipation nennt sich das), zu leeren Worthülsen und reinen Lippenbekenntnissen.

Daniel Roduner

Etzelbüntstrasse 6, 9011 St. Gallen