Den «offenen Blick auf das Fürstenland» schätzt Corinne Schatz an ihrer Wohnung oberhalb von St. Gallen, die sie auch als Büro nutzt, besonders. Ihre grosszügigen Fenster gewähren zudem Ausblick auf den Säntis.
Den «offenen Blick auf das Fürstenland» schätzt Corinne Schatz an ihrer Wohnung oberhalb von St. Gallen, die sie auch als Büro nutzt, besonders. Ihre grosszügigen Fenster gewähren zudem Ausblick auf den Säntis. Die weite Sicht vom Alpstein bis tief ins Fürstenland ist für eine Bleibe in der Stadt ungewöhnlich.
Einen uneingeschränkten Blick fürs Aussergewöhnliche braucht Schatz auch beruflich; die Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin wurde von der St. Galler Regierung per Dezember zur Präsidentin der St. Gallischen Kulturstiftung gewählt. Ganz neu ist dieses Engagement für sie nicht. Seit 2008 ist sie als Stiftungsrätin tätig und hält Augen und Ohren für das kantonale Kulturgeschehen offen.
Zweimal jährlich verleiht die elfköpfige Stiftung Förder-, Anerkennungs- und Kulturpreise an Künstlerinnen und Künstler mit einem kantonalen Bezug. Der Rat, den Schatz als Nachfolgerin von Jürg Kesselring präsidiert, muss darüber im Bilde sein, wer wo was schafft – bewerben können sich Kulturschaffende für die Preise nicht. «Das zu berücksichtigende Spektrum ist riesig, reicht von Literatur über Brauchtum bis zur Wissenschaft», sagt sie. Keine leichte Aufgabe, aber das Teamwork der Stiftungsräte ermögliche es, die potenziellen Kultur-Preisträger zu evaluieren. Ihre Steckenpferde sind dabei die bildenden und die angewandten Künste – sie ist in St. Gallen als Dozentin an der Schule für Gestaltung und an der Pädagogischen Hochschule sowie als Kunstpublizistin und Kuratorin tätig. «Ich interessiere mich aber ebenso für Musik, Theater oder Literatur, nur ist für mein breites Interesse meine Zeit leider oft zu knapp.»
«Meine Tätigkeit im Stiftungsrat vereint mein berufliches mit meinem persönlichen Interesse.» Insbesondere die Begegnungen mit Kulturschaffenden schätzt Schatz an ihrem Beruf, zahlreiche Freundschaften seien dadurch schon entstanden. Die 54-Jährige bewundert vor allem die Disziplin, den Mut und die Kraft der Künstlerinnen und Künstler. «Sie müssen Opfer auf sich nehmen, Kritik ertragen und sich selbst motivieren können – doch sie leisten einen gesellschaftlich immens wichtigen Beitrag.» Dieses Engagement der Kulturschaffenden wird von der Kulturstiftung bereits seit 26 Jahren gewürdigt. Weit über 150 Auszeichnungen wurden seit 1986 vergeben, rund 1 500 000 Franken ausbezahlt.
Nach dem Rücktritt von Regierungsrätin Kathrin Hilber wird es in diesem Jahr zu einigen Wechseln innerhalb der Kulturstiftung kommen. Eine Neuformierung des Stiftungsrates könne aber als Chance für eine Standortbestimmung und zur Entwicklung frischer Ideen genutzt werden. «Kathrin Hilber hat die hiesige Kultur stark geprägt», begründet Schatz. Neue Angebote seien im ganzen Kanton entstanden. «Etwa das Bickelmuseum in Walenstadt, das Kunstzeughaus Rapperswil oder die Lokremise in St. Gallen.» Auch die Stadt St. Gallen habe seit den 80er-Jahren für ihre Grösse ein grossartiges und vielfältiges Angebot entwickelt. Für Corinne Schatz ist die Kultur der Kitt einer Gesellschaft. Sie sei das, was überliefert werde und was überdauere. «Kultur gibt Orientierung, sie hilft, die komplexe Welt zu verstehen, deshalb dürfte sie im Schulunterricht ruhig einen höheren Stellenwert erhalten.» Denn nur wer seine kulturelle Identität kenne und mit ihr verwurzelt sei, könne anderen Kulturen offen und ohne Angst gegenübertreten.
Kathrin Reimann