Das Wetter ist extrem, selbst für St. Gallen. Doch nur wenige meldeten sich wegen der Schneemengen für den Abend der Ortsbürger-Bank Vadiana ab. Denn neben den finanziellen Stürmen ist wie bestellt auch das Wetter das Thema.
Das Wetter ist extrem, selbst für St. Gallen. Doch nur wenige meldeten sich wegen der Schneemengen für den Abend der Ortsbürger-Bank Vadiana ab. Denn neben den finanziellen Stürmen ist wie bestellt auch das Wetter das Thema.
Gast ist der höchste Wetterfrosch der Schweiz – wobei sich Thomas Bucheli gegen diese Bezeichnung sogleich sträubt. Nur weil er und sein Team von Meteo SRF vom Dach herab das Blaue und das Graue verkünden, fühlt sich Bucheli noch nicht als Nummer 1 unter den Wetterpropheten. Umgekehrt vermisst er beim Begriff Wetterfrosch ein wenig den Respekt vor der wissenschaftlichen Arbeit der Meteorologen, die in seinem 14köpfigen Team fast alle einen ETH-Abschluss haben. «Aber ich wehre mich nicht explizit gegen einen derart volkstümlichen Begriff», sagt Bucheli, «stattdessen erkläre ich meine Arbeit an Anlässen wie diesen.»
Sicher hat indessen Meteo SRF höchste Einschaltquoten, mit Vor- und Nachteilen für Bucheli: So hatte ihn eine Stalkerin über Monate hinweg belästigt. Und wenn er unterwegs spontan angesprochen wird, freut ihn das, aber nicht in jeder Situation. Neugierige erkundigen sich häufig über Hintergründe der Wetterphänomene. Zu den Vorhersagen gibt es hingegen selten Reaktionen. «Auch weil wir selten falsch liegen», sagt Bucheli. Was zunächst überheblich tönen mag, lässt sich statistisch belegen: Die Wetterprognose ist verlässlicher geworden. Darauf stützten sich dieses Jahr auch die Organisatoren des Kinderfestes, die für belächelte Geduld doch belohnt wurden.
Dass die Region St. Gallen meteorologisch auffällig ist, bestätigt Bucheli. «Die Wolken von Westen her ziehen eben meistens in dieser Gegend ab, wobei auch die Voralpenlage für relativ häufigen Niederschlag eine Rolle spielt.» In St. Gallen regnet es doppelt so häufig wie am trockensten Ort der Schweiz, in Stalden im Wallis. Das hat Bucheli schon am eigenen Leib erfahren, als der Innerschweizer einige Zeit in Gais in der Wetterstation von Jörg Kachelmann arbeitete.
Wenn Thomas Bucheli nach der «Tagesschau» in bloss zwei Minuten und 45 Sekunden das Wetter für die Schweiz ankündigt, verliest der Chef nicht einfach, was seine Leute im Hintergrund erarbeitet haben. «Die Prognose entsteht stets mit mir im Team», sagt Bucheli. Darüber, ob etwa im Rheintal der Föhn früher oder später zusammenbricht, herrscht keineswegs immer Einigkeit.
Für Uneingeweihte etwas überraschend präsentiert sich Bucheli am Dienstagabend auch als Klimaexperte. In seinen Ausführungen geht er Jahrtausende zurück. Er erklärt den Unterschied von Wetter und Klima, dessen verlässliche Werte sich aus Aufzeichnungen von 30 Jahren ergeben. Zur Entwicklung in den vergangenen Jahren mit permanenter globaler Erwärmung stellt er Fragen der Forscher in den Raum, die fast Antworten sind: Ja, es gibt den Klimawandel, verursacht durch immer mehr Treibhausgase.
Einfacher ist das Wetter von morgen zu bestimmen, wenn auch weiterhin als Prognose und nicht als Garantie verstanden. Vielleicht aber müsste sich Bucheli bei der heutigen Datenfülle nicht mehr bei Adolf Ogi entschuldigen, der einst als Bundespräsident einen wichtigen Empfang in Kandersteg abhalten wollte, Sonnenschein vorausgesetzt. Die Wetterlage war heikel. Bucheli deutete vage Föhn an. Ogi optimistisch: «Der Föhn weht bei uns immer stark.» Doch es schüttete den ganzen Tag. Fredi Kurth