Den Wert von Bildung erkennen

Im Rahmen einer Projektwoche lernten Schülerinnen und Schüler des Kaufmännischen Berufs- und Weiterbildungszentrums, dass Schulbildung nicht selbstverständlich ist. Ein Lehrer der Barfuss-Schule in Sambia vermittelte ihnen während einer Woche verschiedene Eindrücke seiner Arbeit.

Samira Mehdiaraghi
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Kennedy Kazeze (vorne) und Katongo Chilangwa verteilen im KBZ St. Gallen die gleiche Mahlzeit wie in der Barfuss-Schule in Sambia. (Bild: Urs Bucher)

Kennedy Kazeze (vorne) und Katongo Chilangwa verteilen im KBZ St. Gallen die gleiche Mahlzeit wie in der Barfuss-Schule in Sambia. (Bild: Urs Bucher)

Abgewetzte Schulbänke, eine alte Wandtafel und ein paar farbige Zeichnungen an der Wand: Kennedy Kazeze unterrichtet die ärmsten der Armen an der Barfuss-Schule, welche in der Nähe der Stadt Ndola in Sambia liegt. Vergangene Woche besuchte er zusammen mit Katongo Chilangwa, dem Koch der Schule, das Kaufmännische Berufs- und Weiterbildungszentrum (KBZ) St. Gallen. Kazeze schilderte den Lehrlingen, wie schwer es für arme Kinder ist, eine Schulbildung zu bekommen.

Ohne Schuhe keine Schule

Vor einigen Jahren hat auch KBZ-Berufsfachschullehrer Alois Dietsche im Rahmen einer Weiterbildung an der Barfuss-Schule unterrichtet. Nach seiner Rückkehr nach St. Gallen entstand dadurch eine Partnerschaft zwischen den beiden Schulen. Diese gipfelte nun in einer Projektwoche mit dem Titel «Wir und die Andern».

«Viele Kinder in Sambia haben keine Chance, eine öffentliche Schule zu besuchen», sagt Dietsche. Das liege daran, dass dort eine Uniform und Schuhe getragen werden müssten. Das könnten sich viele nicht leisten.

Neun Tage «Frondienst» im Jahr

Um diesen Kindern eine Chance auf eine Ausbildung zu geben, gründete Franziska Dällenbach 1996 die Barfuss-Schule. Dort lernen die Kinder lesen, schreiben, nähen, schreinern und Gemüseanbau. Ein Teil des Projektes wird zwar durch Spenden finanziert, vieles tragen jedoch die Schüler auch selbst bei: Der Erlös des Verkaufs von Stühlen, Holzspielsachen und Särgen, die sie im Werkunterricht herstellen, hält die Schule finanziell über Wasser. Ausserdem müssen die Kinder oder ihre Angehörigen neun Arbeitstage auf dem Feld «Frondienst» leisten. Dort wird beispielsweise der Mais für das Schulessen angebaut. Im Gegenzug bekommen sie Schulmaterial und wenn nötig weitere Hilfe. Am Mittag werden sie ausserdem mit einer warmen Mahlzeit verpflegt.

Sambische Mahlzeit im KBZ

Diese Schulverpflegung, die sogenannte «Nshima», besteht aus Brei von weissem Mais und Gemüse. Vergangene Woche hatten die Schüler des KBZ jeden Mittag die Gelegenheit, diese Mahlzeit, die Koch Katongo Chilangwa vor Ort zubereitete, gratis zu probieren – und zu spenden. «Wir haben bei der Essensausgabe eine Schachtel für das Geld aufgestellt», sagt Alois Dietsche. «Am Dienstag lagen über 500 Franken darin.» Das Projekt komme bei den Schülern sehr gut an. «Sie sind interessiert und stellen viele Fragen.» Man verfolge mit der Projektwoche natürlich in erster Linie ein pädagogisches Ziel. «Die Schüler sollen Verständnis für den Wert von Bildung erlangen und realisieren, dass es nicht auf der ganzen Welt selbstverständlich ist, zur Schule gehen zu dürfen.»

Motivierte «Barfuss-Schüler»

Kennedy Kazeze versuchte vergangene Woche, genau dieses Verständnis in den verschiedenen Klassen zu vermitteln. Er berichtete vom Konzept der Schule und den Problemen, mit denen er tagtäglich zu kämpfen hat. «Eines davon ist, dass wir nur einer begrenzten Anzahl Schülern einen Platz anbieten können.» Er müsse genau abwägen, wie viele Kinder auch auf einer weiterführenden Schule finanziell unterstützt werden können. «Eine Schulbildung bringt den Kindern nicht viel, wenn sie keine langfristige Perspektive haben.» Man könne den Kindern nicht die Tür zur Bildung öffnen und sie dann plötzlich wieder zuschlagen.

Aber es gebe auch grosse Fortschritte. Die Schüler der Barfuss-Schule seien sich ihrer Chance bewusst und lernten fleissig. «Sie kommen mit der Einstellung <I will try> zu uns in die Schule», sagt Kazeze. «Wir bringen ihnen bei, dass das richtige Motto <I can do it!> lautet.»