Das Buch ist noch lange nicht tot

ST.GALLEN. Geht es ums digitale Zeitalter, schwanken Buchexperten zwischen Enthusiasmus und Endzeitstimmung. An der HSG diskutieren Fachleute aus allen fünf Kontinenten über die Zukunft des Buches – erstmals in der Schweiz.

Odilia Hiller
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Das amerikanisch-schweizerische Organisationskomitee der Buchkonferenz an der HSG: Emily Kasak, Homer Stavely, Bozena Mierzejewska und Audrey LeGrande (v. l.). (Bild: Hanspeter Schiess)

Das amerikanisch-schweizerische Organisationskomitee der Buchkonferenz an der HSG: Emily Kasak, Homer Stavely, Bozena Mierzejewska und Audrey LeGrande (v. l.). (Bild: Hanspeter Schiess)

Eigentlich ist es Bozena Mierzejewska zu verdanken, dass die 8. Internationale Konferenz des Buches im Jahr 2010 in St. Gallen abgehalten wird. Die Lehrbeauftragte der Universität St. Gallen war es, welche die amerikanischen Verantwortlichen der Buchkonferenz vor zwei Jahren in Washington D.C. so neugierig auf die Schweizer Stadt mit der Stiftsbibliothek machte, dass diese kurzerhand beschlossen, die jährliche Zusammenkunft von Buchexperten aus aller Welt hier abzuhalten.

So kommt es, dass das Kompetenzzentrum Buchwissenschaft am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement (MCM) der HSG die diesjährige Ausgabe ausrichtet.

Zuerst die Stiftsbibliothek

Seit gestern halten sich also rund 130 Buchwissenschafter, Verleger, Bibliothekare, Historiker, Literaturwissenschafter und IT-Spezialisten aus Papua-Neuguinea, Israel, Kenia und vielen anderen Ländern in der Gallusstadt auf, um sich auszutauschen über das Schicksal des

Buches in einer Zeit, in der Buchstaben immer öfter auf leuchtende, elektronische Flächen statt auf Papier zu stehen kommen. Eine Herausforderung sondergleichen für ein ebenso altes wie etabliertes Produkt wie das Buch. Als erstes jedoch haben die Konferenzteilnehmer die Stiftsbibliothek besichtigt.

«E-Book – ein Jahr danach»

Dass die Buchbranche in Bewegung ist, zeigen die Titel der Präsentationen an der Konferenz, die den Gedankenaustausch zwischen

Experten verschiedenster Bereiche zum Ziel hat: «Der digitale Raum – Wachstumschance oder existenzielle Bedrohung?», «E-Book – ein Jahr danach», «Der instabile Text», aber auch Exotisches wie «Aktuelle Trends im Verlegen von Schulbüchern in der Subsahara».

Erkenntnisse zusammenführen

Der Einfluss der Universität St. Gallen wird insofern spürbar sein, als der St.

Galler Zweig der Buchwissenschaft explizit auch die wirtschaftlichen Aspekte des Buches, also den Buchmarkt und dessen Entwicklungen unter die Lupe nimmt. «Diese Erkenntnisse mit jenen anderer, vielleicht eher historisch oder literarisch orientierter Forscher zusammenzuführen, wird speziell interessant sein», sagt Projektleiterin Bozena Mierzejewska, die mit dem Organisieren der Buchkonferenz ihr eigenes Forschungsprojekt über E-Books zu Ende bringt.

Tausende von Jahren Vorsprung

Selbstverständlich liegt es nicht im Interesse der Buchwissenschaft, das Buch vorzeitig sterben zu lassen. «Deshalb soll an dieser Konferenz geklärt werden, ob das digitale Zeitalter nicht dem Buch als Artefakt – als Gegenstand – zu neuem Leben verhelfen kann», so die Projektleiterin. Bill Cope, Direktor von Common Ground Publishing und Professor an der Universität von Illinois, formuliert es so: «Tausende von Jahren Vorsprung in Sachen Wissen

und Inhalt, über die das Buch verfügt, könnten sich auf den Erfolg der Neuen Medien kritisch auswirken.»

St. Galler Redner

Von St. Galler Seite gehören zu den Hauptrednern Ernst Tremp, Stiftsbibliothekar, Vincent Kaufmann, Direktor des Lehrstuhls für Medien und Kultur am MCM-Institut, sowie Claudius Krucker, der sich als Jurist in seiner Doktorarbeit mit dem Begriff Kulturgut aus rechtlicher Sicht beschäftigt. Das St.

Galler Kompetenzzentrum für das Buch am MCM ist in den Bereichen Forschung, Beratung und Wissensvermittlung im Bereich der Buchwissenschaft tätig.

Kost und Logis

Untergebracht sind die ausländischen Gäste unter anderem in den Hotels Radisson Blu und Jägerhof. Auf dem Programm stehen zudem ein Dinner im Restaurant zum Goldenen Schäfli am Sonntagabend sowie zuvor eine Stadtführung mit Besuch der Chocolaterie. Die Konferenzteilnehmer tagen im Bibliotheksgebäude der Universität im Senatssaal.