Bürgerliche Parteien klagen über Verluderung der Politkultur

ST.GALLEN. Monika Simmler und Angelo Zehr haben eine Klage der St. Galler FDP am Hals. Vorgeworfen wird den beiden Juso-Vorstandsmitgliedern Sachbeschädigung, begangen an Wahlplakaten der bürgerlichen Parteien.

Silvan Lüchinger
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Wahlplakate an der Hauptstrasse in Goldach. (Bild: Urs Jaudas)

Wahlplakate an der Hauptstrasse in Goldach. (Bild: Urs Jaudas)

«Gekaufter Politik einen Denkzettel verpassen.» In der Nacht von Sonntag auf Montag hatten Jungsozialisten in der ganzen Schweiz Aufkleber mit diesem Slogan auf Wahlplakaten bürgerlicher Parteien plaziert. Auch im Kanton St. Gallen waren Klebetrupps unterwegs.

Die St. Galler FDP stellte nach eigenen Angaben ein Ultimatum, die Kleber wieder zu entfernen. Weil dieses ungenutzt verstrich, hat die Partei Strafanzeige wegen Sachbeschädigung eingereicht. Konkret richtet sich die Anzeige gegen Monika Simmler, Co-Präsidentin der Juso St. Gallen und Spitzenkandidatin auf der SP-Hauptliste, und gegen Angelo Zehr, Juso-Vorstandsmitglied und Spitzenkandidat auf der Nationalratsliste der Jungsozialisten. «Dass die Juso auf ihrem Weg zur Überwindung des Kapitalismus als erstes sämtliche Konventionen des Anstands und des friedlichen Konkurrenzierens unterschiedlicher Auffassungen über Bord werfen, ist für den SP-Nachwuchs beschämend und bezeichnend zugleich», hält die FDP fest.

SVP und CVP klagen nicht

Von der Kleberaktion betroffen waren auch Plakate der anderen bürgerlichen Parteien, namentlich der SVP und der CVP. Die SVP wird sich der Klage der FDP aber nicht anschliessen und auch nicht selber Anzeige erstatten. Parteisekretär Dominique Lambert hält lediglich fest: «Die Aktion der Juso zeigt doch nur, dass die linke Politik nicht gewillt ist, mit Argumenten in den Kampf zu ziehen.» Lambert vermisst überdies eine Distanzierung der SP-Mutterpartei von dieser Art Wahlkampf.

CVP-Kantonalsekretär Lukas Schmucki weiss, dass auch seine Partei von der Kleberaktion betroffen war, kennt aber den Umfang nicht. Der Anzeige der FDP will sich auch die CVP nicht anschliessen; eine eigene Klage zieht sie nicht in Betracht. Verständnis für die Aktion der Juso bringt Schmucki deswegen aber nicht auf: «Die Verluderung der politischen Sitten geht offensichtlich weiter.» Wie Dominique Lambert von der SVP vermisst der CVP-Geschäftsführer ein klares Wort seitens der kantonalen SP: «Würde sich die Junge CVP an einer derartigen Aktion beteiligen, gäbe es mit Sicherheit Sanktionen.»

«Charmante Aktion»

Monika Simmler, nach eigenen Angaben an der Klebeaktion nicht dabei, bezeichnet die Reaktion der FDP als «lächerlich». Mit der Anzeige gingen die Freisinnigen der politischen Debatte darüber aus dem Weg, wer die Plakate finanziere, mit denen FDP und SVP das Land zupflasterten. Über die juristischen Folgen der Kleberei mache sie sich keine Gedanken. «Das war die charmante Aktion einer Partei, die wenig Geld hat und darum eben mit unkonventionellen Mitteln auf sich aufmerksam machen muss.»