Sie erregen Aufsehen, die Singlehäuser beim Campingplatz Lee. Seit kurzem sind sie bewohnt. Allerdings nicht von Singles, sondern von Paaren, die sich bewusst für weniger Wohnfläche entschieden haben.
Wie sie so am Hang thronen, mit ihren Giebeldächern, der farbigen Fassade und viel Umschwung, haben die Häuser auf den ersten Blick etwas Kapellen-Änliches. Und einen Blick auf sie werfen, das will praktisch jeder, der beim Campingplatz Lee vorbeikommt. «Viele Leute bleiben stehen und schauen einfach», weiss Architekt Andreas Studer. Er ist Mitinhaber der KS Architektur in Roggwil TG und hat die drei sogenannten Minihomes nicht nur gebaut, seit kurzem wohnt er auch in einem davon. Zusammen mit seiner Frau und drei Katzen.
Vorher lebte das Paar in einem grossen 6,5-Zimmer-Hausteil. Vor dem Umzug ins rund 80-Quadratmeter-Minihome habe sie «schon ein bisschen Panik gehabt», räumt Karin Studer ein. Inzwischen ist sie begeistert: «Ich hätte mir nicht in den kühnsten Träumen vorstellen können, dass es so schön ist.» Und ihr Mann ist sowieso happy: «Ich habe einen grossen Garten und im Haus ist alles da, was man braucht.» Mehr Wohnfläche bedeute ja auch immer mehr putzen und unnötige Dinge ansammeln.
Für Studer sind es die ersten Minihomes. Die Idee dahinter: Jeder dritte Haushalt in der Schweiz ist ein Singlehaushalt. Es ist die häufigste Wohnform – und das seit 30 Jahren (Tagblatt vom 28. März «Wohnen in der Schuhschachtel»). Auch wenn Singles in der Regel eine Wohnung bevorzugen, so träumten einige doch von einem Eigenheim. Entsprechende Projekte gebe es aber im Kanton St. Gallen kaum. «Vergleichbares wie die Minihomes sind mir nicht bekannt», sagt Studer. Die Nachfrage nach den Häusern sei denn auch gross gewesen. «Aber der Standort war vielen Leuten zu speziell.» Die Minihomes 1:1 an einem anderen Ort zu bauen gehe aber nicht, da sie massgeschneidert sind fürs Lee. Das hat auch einen gesetzlichen Grund: «Normale» Häuser wären dort gar nicht erlaubt gewesen, weil das Land in einer Nah-Intensiverholungszone liegt. Die Grundfläche von 30 Quadratmetern war vorgeschrieben.
Dass die Minihomes gar nicht so mini sind, zeigt sich bei einem Rundgang. Grundsätzlich gilt: Pro Stockwerk ein Zimmer. Unter dem Giebeldach ist das Schlafzimmer, ergänzt mit einem kleinen WC. Im ersten Obergeschoss das Wohnzimmer mit direktem Zugang zu einem der zwei Sitzplätze. Im Erdgeschoss die Wohnküche, zudem Bad, Ankleide und eine kleine Waschküche, in den Hang hinein gebaut und ohne Fenster. Hinzu kommen eine 28 Quadratmeter grosse Dépendance, die bei Studers derzeit vom erwachsenen Sohn genutzt wird, und circa 500 Quadratmeter Garten.
Für genug Stauraum sorgen architektonische Details wie das Einbaumöbel unter der Treppe. Karin Maier-Klug, die mit ihrem Mann und zwei Hunden das mittlere Minihome gekauft hat, kommt aus dem Schwärmen nicht heraus. «Das Haus ist wahnsinnig speziell und bis ins kleinste Detail durchdacht.»
Sie habe schon in vielen Wohnungen gewohnt, zuletzt in einer riesigen 5,5-Zimmer-Wohnung am Bodensee. «Aber noch nie war es so schön wie hier.» Den Ort kennt sie schon ewig: Seit 45 Jahren besitzt sie einen privaten Campingplatz vis-à-vis. «Aber das Minihome hätte mich auch sonst fasziniert», betont Karin Maier. Besonders gefallen ihr die riesigen Fenster, die Lage mit Blick auf die Sitter und dass jedes Zimmer auf einem Stock liegt. Hat sie denn nicht zu wenig Platz? Ganz im Gegenteil: «Es ist zwar alles auf kleinstem Raum, aber nicht klein. Und was braucht man mehr?» Vorher hätten sie 2 der 5,5 Zimmer kaum genutzt.
Eigentlich hätten die Mini-homes bereits Ende 2016 fertig sein sollen. Verzögerungen bei der Ausführung und die Hangsicherung verlängerten die Bauzeit. Überhaupt seien solche Häuser relativ teuer, weil kein Elementbau möglich sei, sagt Studer. Das dritte Minihome will er nicht verkaufen, sondern vermieten: Für 1800 Franken inklusive.